Leben und leben lassen - Danke Köbi

Köbi Kuhn, eine grosse Persönlichkeit, ist am 26. November 2019 verstorben. Sein eindrücklicher Aufruf im Interview aus dem Jahr 2008 ist auch heute noch gültig und aktueller denn je.

«Wenn wir einander helfen und uns auch helfen lassen, sind wir stark.»

Muss man Köbi Kuhn noch vorstellen? Wohl kaum. Selbst Fussball-Abstinenzler kennen den charismatischen Nati-Trainer, der nach wie vor so sympathisch und bescheiden ist wie zu Beginn seiner Karriere. Und die Fussballfans? Sie verehren ihren «Köbi national» und drücken der Schweizer Nationalmannschaft die Daumen für eine erfolgreiche Platzierung an der EM.

Köbi Kuhn, am 7. Juni gilt es ernst. Die Nationalmannschaft läuft in Basel zum Spiel gegen Tschechien ein. Wie wird die Stimmung der Mannschaft dann sein?
Die Stimmung in der Mannschaft wird wie 2006 fröhlich bis überschäumend sein, aber voll konzentriert, wenn es gilt, sich auf die Aufgaben vorzubereiten.

Nach der EM werden Sie zurücktreten. Natürlich wünschen Sie sich, mit Ihrer Mannschaft möglichst viele Spiele und am liebsten auch das Finalspiel zu bestreiten. Ist die Anspannung dieses Mal grösser als bis anhin an Welt- oder Europameisterschaften?
Die Anspannung ist sicher sehr gross, aber sie kann nicht grösser sein als damals.

Das für die Schweiz typische Multikulturelle widerspiegelt sich in der Schweizer Mannschaft. Als bislang erfolgreichster Nationaltrainer haben Sie es geschafft, aus Einzelspielern mit unterschiedlichen Muttersprachen und Mentalitäten eine homogene Mannschaft zu formen. Welche Charaktereigenschaft ist Ihnen dabei besonders zugute gekommen?
Meine Einstellung ist, dass man die Menschen lieben muss, mit denen man eine hochspannende Aufgabe zu lösen hat.

Welche besondere Stärke hat die Schweizer Nationalmannschaft im europäischen Vergleich?
Wir haben sportlich gesehen gegenüber unseren Konkurrenten rund um uns herum keine Vorteile. Wir können und müssen in Sachen Geschlossenheit und Solidarität, das heisst, im Teamgeist besser sein.

Im letzten Promi-FORTE-Interview tippte Michael Schumacher auf Deutschland als Europameister und wünschte sich ein gutes Abschneiden der Schweizer. Wie schätzen Sie seinen Tipp ein?
Michael Schumacher ist auch ein grosser Fussballkenner.

Das FORTE ist das Sprachrohr der MS-Betroffenen. In der Schweiz gibt es rund 10 000 Menschen mit MS. In welcher Form sind Sie der Krankheit Multiple Sklerose schon begegnet?
Ich kenne die Krankheit aus meinem persönlichen Umfeld, denn ich hatte einen Onkel, der an MS erkrankte.

Je nach Ausprägung der Krankheit kämpfen MS-Betroffene tagtäglich um kleine Siege bei alltäglichen Verrichtungen. Wie würden Sie Menschen mit MS motivieren, um nicht aufzugeben und «am Ball zu bleiben»?
Ich würde sagen, es ist wie bei der Nationalmannschaft. Wir als Kleine kämpfen oft gegen eine Übermacht. Wenn wir einander helfen und uns auch helfen lassen, sind wir stark.

Verraten Sie uns zum Schluss Ihr Lebensmotto?
Mein Motto ist «Leben und leben lassen»!

Köbi Kuhn, herzlichen Dank für das Interview.

Interview: Erica Sauta, Forte 2/2008