Reisen und Ferien mit MS

Sicher, gesund und mit Freude reisen – dank Tipps zu Reiseplanung, Medikamenten und Pflegematerial sowie Verhalten am Ferienort

Auch mit MS müssen Betroffene nicht auf Ferien und Reisen verzichten. Reisen kann mit vermehrten Anstrengungen verbunden sein. Um die zu minimieren, gibt es hier hilfreiche Ideen zu den Themen Reiseplanung, Medikamente und Pflegematerial sowie Verhalten am Ferienort. Von A (wie Abflug) bis Z (wie Zugluft). Damit man die positiven Effekte, wie Abwechslung vom Alltag, Entspannung und Erholung, maximal geniessen kann.

  • Reiseplanung

    Als Faustregel gilt: Frühzeitig planen heisst, besser vorbereitet sein und grössere Auswahlmöglichkeiten haben und weniger Zeitdruck spüren - schon macht Unvorhergesehenes viel weniger Stress! Und darum geht es ja bei Ferien und  Reisen.

    Die medizinische Fachkompetenz in Sachen MS ist weltweit stark unterschiedlich ausgeprägt, was auch mit der Verbreitung von MS zu tun hat. Das heisst: Manche Länder kennen MS besser und können mit der Krankheit besser umgehen als andere. Wenn Sie zwei ansonsten gleichwertige Reiseziele in der engeren Auswahl haben, entscheiden Sie sich im Zweifelsfall doch für jenes, dass mit MS mehr  Erfahrung hat. Ihr Neurologe hilft Ihnen in dieser Frage gerne weiter.

    Folgen Sie bei der Reiseplanung dem, was Ihnen entspricht, dem konkreten Bedarf, aber auch dem Grad der selbständigen Informationsbeschaffung. Sie können beispielsweise im Internet recherchieren oder sich in einem Reisebüro Ihres Vertrauens beraten lassen.

    » Anbieter für Reisen mit Handicap

    Bei Unsicherheiten und Unwägbarkeiten oder wenn Sie aufgrund Ihrer Erkrankung besondere Herausforderungen haben, sollten auch spezialisierte Anbieter in Erwägung gezogen werden.

    Egal, ob Sie selbst Ihre Reise organisieren oder unterstützt werden, es ist wichtig Pausen einzuplanen. Sie helfen Stress zu vermeiden und Müdigkeit vorzubeugen, vor allem bei langen Reisen. Warum – nur als Beispiel  nicht zwei Tage Singapur auf dem Weg nach Neuseeland einschieben? Lieber mehr Zeit einplanen, es gibt viel zu sehen auf der Welt. Und auch auf Flughäfen kann man schön entspannen, zum Beispiel in klimatisierten Chill-out-Lounges.

    Eine weitere Anregung: Den Check-in checken. Man kann sich vor der Abreise informieren über spezielle Check-in Möglichkeiten und Services für mobilitätseingeschränkte Passagiere (PRM, «passengers with reduced mobility»). Es ist möglich, sich einen Rollstuhl zu reservieren und sich zum Flugzeug fahren zu lassen. Die SBB bietet bei Reisen mit dem Zug auch Unterstützung an, nicht vergessen, sich rechtzeitig beim Contact Center Handicap der SBB (0800 007 102) anzumelden.

    Doppelt sinnvoll: Der Versicherungs-Check

    Ein Check ist immer auch eine gute Gelegenheit zu einer generellen Bestandsaufnahme. Habe ich drei gleichartige Versicherungen und davon sind konsequenterweise zwei überflüssig? Was genau beinhalten meine Versicherungen?

    Reiseversicherung
    • Reiseversicherung vor Abschluss prüfen. Übernimmt sie die Kosten für Annullierungen, Transporte, Angehörige?
    • Welche anderen Versicherungen bestehen, auch «indirekt», d.h. zum Beispiel über Kreditkarten oder eine REGA Mitgliedschaft?
    • MS ist eine chronische Erkrankung. Achten Sie darauf,  dass kein Ausschluss besteht. Schriftlich bestätigen lassen, dass die Leistungen auch für eine chronische Erkrankung erfolgen und Ihre MS-Erkrankung vorab bekannt war.
    Krankenkasse
    • Auslandversicherung: Besteht ein Vorbehalt, was zahlt sie wirklich?
    • Auch hier: Schriftlich bestätigen lassen, dass Leistungen auch für MS als chronische Erkrankung gelten und die MS-Erkrankung vorab bekannt war.

    Medizinische Reisevorbereitungen

    Hier geht es checklistenartig um die Themen Reisefähigkeit , Medikamentenimport, Prävention.

    • Reisefähigkeit beim Arzt abklären (das ist in der Regel der Neurologe oder Hausarzt)
    • Reisefähigkeit in Arztbericht festhalten (für Fluggesellschaft, Versicherungen)
    • Arztbericht in englischer Sprache (oder in der Landessprache) mitführen
    • Medikamentenpässe, ärztliche Bestätigung der medikamentösen Behandlung mitnehmen
    • Apostille ausstellen lassen (d.h. eine Beglaubigung, dass Medikamente benötigt und mitgeführt werden müssen), ggf. auch eine Überbeglaubigung zur Einfuhr bestimmter Medikamente. Je nach Medikament und Land (auch Zwischenlandung mit Aufenthalt) erkundigen Sie sich bei der Botschaft oder beim Konsulat,  ob es eine besondere Bewilligung für die Einfuhr ihres Medikaments braucht.
    • Die Thrombose-Vorsorge nicht aus den Augen verlieren

    Impfungen (und Malaria-Vorbeugung)

    Kernfrage: Sollen sich MS-Betroffene impfen lassen? Prinzipiell «ja», weil Schutzimpfungen die wirksamste und wichtigste Massnahme in der präventiven Medizin darstellen.

    Deshalb unbedingt VOR der Reisebuchung mit dem Neurologen/Hausarzt abklären, ob Schutzimpfungen für das Reiseland nötig sind und mit Ihrem MS-Stadium und den von Ihnen genommenen Medikamenten machbar und sinnvoll sind.

    Was gilt es sonst zu beachten?
    • Bei bestimmen MS Therapien ist der Impfschutz reduziert und/oder ist nicht möglich
    • Sind länderspezifische Impfungen angezeigt?
    • Schutzmassnahmen – welche Impfung braucht es für eine bestimmte Region - mit dem Impfinstitut besprechen und  frühzeitig planen, dann mit dem Neurologen schauen, ob die Vorhaben machbar und sinnvoll sind.
    • Mindestens 2 bis 6 Wochen vor der Abreise (eventuell sogar 6 Monate vorher) Impfbüchlein und Reiseplan parat haben
    • Infektionen als Auslöser von Schüben vermeiden
    Malaria: Am besten erst gar nicht «stechen lassen», den Schwerpunkt auf Vorbeugung legen
    • Helle, langärmlige Kleider, lange Hose, Socken tragen
    • Insektizid (z.B. NOBITE) auf die Kleider sprühen, aggressive Mücken können durch die Kleider stechen
    • Geschlossene Schuhe tragen
    • Mückenabstossendes Repellent auf die unbedeckte Haut auftragen
    • (Imprägnierte) Moskitonetze mitnehmen

    Wichtige Kontaktstellen für Impfungen und zur sicherheitspolitischen Lage

    Zürich
    Zentrum für Reisemedizin der Universität Zürich
    reisemedizin.uzh.ch

    Basel
    Schweizerisches Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH), Allschwil
    www.swisstph.ch

    Allgemeingültige Reise-Informationen, EDA
    » Helpline EDA

  • Medikamente und Pflegematerial

    Besondere Beachtung verdient die Goldene Regel: Rechtzeitig alle Medikamente und Pflegematerialien für die ganze Dauer der Reise besorgen (inkl. Reserve von -2-3 Tagen). Und: Auch an Medikamente denken, die man nicht regelmässig einnimmt.

    • Medikation muss auch im Urlaub weitergeführt werden
    • Die Medikamente & Materialien zum Eigenbedarf sind nicht zolldeklarationspflichtig
    • Achtung! Medikamente mit dem gleichen Namen im Reiseland, haben nicht immer dieselben Wirkstoffe drin.

    Ein einschränkender Hinweis zu Intravenösen MS-Therapien
    Prinzipieller Ratschlag: Ferien wenn immer möglich nicht in die Therapiezeit legen. Wenn überhaupt gar nicht anderes möglich: Bitte unbedingt mit dem Neurologen/Hausarzt prüfen, ob Sie die Therapie im Reiseland erhalten können und die Kosten übernommen werden.  Alternativ, ob eine Verschiebung möglich ist. Diskutieren Sie in jedem Fall die generelle Vorgehensweise.

    MS-Therapien – Spritzen

    Die wichtigste Frage: Dürfen Spritzen im Flugzeug mitgeführt werden? Die wichtigste Antwort: «JA».
    Anmerkung dazu: Keine falsche Angst oder Scham, wenn Spritzen im Handgepäck sind und unter dem Gepäck-Scanner sichtbar werden. Sie geraten weder unter irgendeinen Verdacht noch werden Sie schief angesehen, das Sicherheitspersonal ist sich Spritzen gewohnt, schliesslich sind auch viele, viele Diabetiker und Thrombose-Vorsorgende auf Reisen. Und falls doch mal jemand «übereifrig» ist, bleiben Sie ruhig und erklären Sie, dass es ein Medikament, ähnlich wie Insulin ist, also regelmässig eingenommen werden muss -  und keine «lustige Droge».

    • Die Sicherheitsbestimmungen für Flugsicherheit sind international geregelt
    • Der jeweilige Flughafen ist für die Sicherheitskontrollen zuständig
    • Medikamente unterstehen nicht den allgemeinen Flüssigkeitsbestimmungen und müssen daher nicht im Plastikbeutel wie andere Flüssigkeiten transportiert werden; auch die 100-ml-Regelung ist hier nicht relevant.

    MS-Therapien ins Handgepäck

    MS-Spritzenmedikamente bestehen aus Protein und sind wärme- und lichtempfindlich. Warum gehören sie ins Handgepäck? Ihr «grosses Gepäck» kann in den Katakomben internationaler Airports verloren gehen oder an ganz anderen Orten ausgeladen werden. Dann sind Sie in A, Ihre Medikamente dagegen in B. Nicht gut. Ausserdem kann Ihr Gepäck im Frachtraum grosser Hitze oder Kälte ausgesetzt sein. Beides auch nicht gut. Deshalb: ins Handgepäck.

    • Auch dort: vor Wärme und Licht schützen
    • Verlust vorbeugen
    • Alle Spritzen mitführen(nicht nur die im Flug benötigten)
    • immer in Originalverpackung mitführen
    • Schachtel kann aus Platzgründen gefaltet werden

    MS-Therapien kühlen

    • Kühlboxen mit Kühlelementen verwenden
    • Kühlelemente über 100ml Flüssigkeit im Handgepäck sind  erlaubt, sofern die Kühlung der Medikamente notwendig ist
    • Reserve Kühlelemente im Koffer mitnehmen
    • mit der Fluggesellschaft klären, ob während dem Flug die Möglichkeit besteht, die Elemente, die Medikamente zu kühlen (zum Beispiel bei Langstreckenflügen oder Flügen mit viel Umstieg/Wartezeit) nicht die Spritzen zum kühlen geben –Bordkühlschränke sind teilweise viel zu kalt dafür.

    Handgepäck-Pflegematerial

    • Spezialbesteck, Spezialgeschirr, Trinkhilfen
    • Krankenutensilien mit Flüssigkeiten wie Einmalkatheter (Speedicat) und Medizinische Versorgungsartikel (Urinbeutel) ins Handgepäck
    • Bei grossem Raumanspruch ins Handgepäck und eventuell auf zwei Koffer aufteilen, d.h. ggf. Gepäck zubuchen, wenn sinnvoll und mit klarem Nutzen.
    • Hilfsmittelpass vom Arzt unterschrieben und/oder ärztl. Schreiben dazu mitnehmen (kann bei der Sicherheitskontrolle helfen
    • Bestimmungen der Fluggesellschaft für das Reise- und Handgepäck beachten (Gewicht/Grösse)

    Tipp
    Bei manchen Flügen haben die zuerst zugestiegenen Passagiere zu viel Handgepäck dabei. Später Zusteigende sollen ihr Handgepäck dann dafür für den Frachtraum «opfern». Erklären Sie im Fall der Fälle mit Bestimmtheit vor Ort, warum Sie Ihr Handgepäck nicht aus der Hand geben.

    Zusatz-Tipp
    Gehen Sie selbst möglichst früh an Bord. Kommt für Sie in dem Kontext ein CARE-Service in Frage, der immer als Erstes an Bord darf? Dann Kontakt aufnehmen.

    Dokumente der MS-Therapien im Handgepäck

    Welche spezifischen Dokumente der MS-Therapie gehören ebenfalls ins Handgepäck?

    • Medikamentenpass in Englisch (bzw. auch der Landessprache) und Deutsch mit den Reisedokumenten mitführen!
      Der Medikamentenpass soll aktuell sein und kann vom Hausarzt oder Neurologen unterschrieben und abgestempelt sein
    • an den Sicherheitskontrollen machen Betroffene mit Medikamenten mehrheitlich gute Erfahrungen, wenn sie einen Medikamentenpass dabei haben
    • Machen Sie Kopien der Medikamentenpässe und sichern sie diese z.B. in einer Cloud, einer Mail, einem Foto.

    Handgepäck - Dokumententasche

    Welche allgemeinen Dokumente sollten Sie in einer Dokumententasche im Handgepäck mitführen?

    • Reisepass und/oder ID, Flugticket
    • Reiseprogramm, Annulations- und Reiseversicherung
    • Kleingeld in Landeswährung(en) für Trinkgelder und Taxi
    • Kreditkarten
    • Führerausweis, Behindertenausweis
    • Medikamentenpass /Hilfsmittelbestätigung
    • Ärztliches Zeugnis in englischer Sprache inklusive Bestätigung der  medikamentösen Behandlung, bei Bedarf auch eine Überbeglaubigung
    • Krankenkassen-Karte, Impfkarte, Notfallnummern
    • Wichtige Telefonnummern und Mailadressen der nächsten Angehörigen, von Reisever-
      sicherungen, Ihrem Arzt etc.

    In die Reiseapotheke

    MS-Medikamente sind das eine, eine auch ansonsten sinnvoll bestückte Reiseapotheke das andere. Idealerweise stimmen Sie den Inhalt mit dem Hausarzt/Neurologen ab, um zum Beispiel Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten auszuschliessen.

    Was gehört hinein? Medikamente/Mittel gegen 
    • Thrombosen
      (Anti-Thrombose-Strümpfe, niedermolekulare Heparine)
    • Reisekrankheit
    • Übelkeit / Erbrechen
    • Durchfall
    • Verstopfung
    • Schmerzen, Fieber
    • Allergie

    Für starke Schmerzmittel (Opiate), Beruhigungsmittel, Cannabispräparate, Psychopharmaka evtl. Genehmigung einholen. Diese erleichtert im Zweifelsfall die Einreisekontrolle und ist zwingend, wenn im Ausland eine ärztliche Behandlung nötig ist. Erkundigen Sie sich in der Botschaft des Ziellandes, ob Apostille oder Überbeglaubigung nötig sind, nehmen Sie immer Originalverpackungen der Medikamente samt Verpackungsbeilage mit.

  • Verhalten am Ferienort

    Gut am Ferienort angekommen, gibt es für die Dauer der Reise kontinuierlich ein paar Dinge zu beachten.

    Infektvermeidung

    Besonders in warmen Klimazonen auf Infektvermeidung achten, da ein Infekt auch einen Schub auslösen kann. Auf was sollten Sie achten?

    • Vermeiden von Zugluft
    • Ausgleich der Temperaturunterschiede zwischen klimatisierten Räumen und der heißen Luft im Freien, Zwiebelprinzip-Kleidung
    • Injektionen in möglichst keimarmer Umgebung vornehmen

    Umgang mit Klima / Hitze

    Bei Temperatur-Überempfindlichkeit (Uhthoff Phänomen)

    • Kann Symptome verstärken z.B. Fatigue
    • Geist und Körper kühlen: Es sind Ferien. Also öfter mal ein Sorbet gönnen (falls «saubere» Verhältnisse)
    • Helle Baumwollkleidung tragen.  Besser:  Kühlkleidung (z.B. «Icebreaker» aus Merino-Wolle)
    • Kopfbedeckung (z.B. aus Merino-Wolle)
    • «ENDURAL» Microfasertuch, Arm-Cooler, etc.
    • Kühl / lauwarm duschen oder ein Fussbad zwischendurch
    • Für unterwegs: batteriebetriebener Miniventilator
    • Kühle Getränke, viel trinken
    • Spezialflaschen wie z.B.« ECOtanka», oder eisgekühlte PET-Flaschen mit Alufolie umwickeln, dann bleiben die Getränke länger kühl
    • Kühlelemente mitführen
    • Kühlbox in Auto
    • Erbsli aus dem Gefrierschrank als Kältekissen (sie verlieren beim Auftauen keinen Saft, bleiben in Form und sind so wiederverwendbar)
  • Anbieter für Reisen mit Handicap

    Die nachfolgenden Reiseanbieter besitzen viel Erfahrung und Knowhow in punkto Reisebegleitung und Assistenz.

    Auf der Webseite von Tourismus inklusiv, der Fachstelle für barrierefreies Reisen, finden Sie eine Sammlung von Informationen zu barrierefreien Reisen und Ferien weltweit.

    Unter der Rubrik «Reiseinfos» können u.a. Listen mit Adressen von zugänglichen Ferienwohnungen, Unterkünften mit Pflegebetten etc. heruntergeladen werden. Zudem finden Sie weitere wertvolle Links zum Thema barrierefreies Reisen.

    COMPAGNA begleitet alle Personen, die  nicht selbständig reisen wollen oder können. Es werden Reiseeinsätze in der Schweiz und im Ausland koordiniert. www.compagna-reisebegleitung.ch