Wissen zum Coronavirus und Covid-19 sammeln

Fachartikel

Prof. Dr. Jan Fehr und Prof. Dr. Milo Puhan der Universität Zürich sprachen in ihrem «Ping-Pong-Referat» am «MS State of the Art Symposium» darüber, wie seit Ausbruch der Corona-Pandemie in verschiedenen Bereichen Wissen zur Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus und der Erkrankung Covid-19 gesammelt wird. Wissen, von dem auch Menschen mit MS profitieren können.

Prof. Fehr beschrieb zu Beginn anhand dreier Erkrankungsgeschichten, wie unterschiedlich Covid-19 nicht nur in der Allgemeinbevölkerung, sondern auch bei Menschen mit MS verlaufen kann. Es handelte sich dabei um einen 70-jährigen Mann mit MS seit 1986 (behandelt mit Gilenya®) sowie um einen 23- und einen 30-jährigen Mann mit MS seit 2017 (beide behandelt mit Ocrevus®). Der ältere Betroffene litt unter Fieber, Husten und Atemnot. Aufgrund der Schwere seiner Symptome musste er schliesslich ins Spital. Dort wurde sofort eine Behandlung gestartet. Er befindet sich weiterhin in Spitalpflege und erholt sich nur langsam. Im Gegensatz dazu zeigten die beiden jungen Männer nur sehr milde Symptome, mussten nicht ins Spital und waren bereits innert kurzer Zeit wieder vollständig genesen.

Viel mehr als nur eine Grippe

«Diese Beispiele zeigen, dass es sich bei Covid-19 nicht einfach um eine Grippe handelt», betonte Prof. Fehr. Das würden mittlerweile auch Daten aus Schweizer Spitälern zur Sterblichkeit der Betroffenen und andere wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen. Als Risikofaktoren für einen schwere Verlauf wurden bisher ein höheres Alter, körperliche Einschränkungen, Begleiterkrankungen wie z.B. Bluthochdruck oder starkes Übergewicht, identifiziert. Es scheint aber keinen negativen Einfluss zu haben, falls jemand eine krankheitsmodifizierende Therapie bekommt.

Prof. Puhan ergänzte von seiner Seite, dass sich Covid-19 und eine Grippe insbesondere auch darin unterscheiden, welche erheblichen gesundheitlichen Beschwerden nach einer durchlebten Coronavirus-Infektion unter Umständen zurückbleiben. Welche Mechanismen genau hinter diesen Langzeitfolgen stecken, ist jedoch noch nicht geklärt. Viele der Langzeitbetroffenen wenden sich mit ihren Beschwerden nicht an ihren Hausarzt oder ihre Hausärztin, sondern suchen Rat in den sozialen Medien. Prof. Puhan meinte, dass es in der Schweiz – im Gegensatz zu anderen Ländern – noch zu wenig Plattformen mit fundierten Informationen und Angeboten gebe und diese dringend aufgebaut werden müssen.

Interview mit Prof. Milo Puhan

Entwicklung der Immunität

Im Zusammenhang mit Covid-19 wird auch immer wieder die Frage nach der Immunität laut. Wie Prof. Fehr schilderte, bilden sich die verschiedenen Antikörper, die für eine Immunität verantwortlich sind, bei einer Infektion mit Coronaviren grundsätzlich in vergleichbarer Art und Weise wie bei anderen Infektionen. Jedoch kann es dabei grosse Unterschiede von einer erkrankten Person zu anderen geben. Auch ist noch nicht vollständig klar, wie lange diese Immunität anhält. Bisher verfügbare Untersuchungsresultate weisen darauf hin, dass einzelne Komponenten der Immunität bei den meisten Erkrankten über mehrere Monate bestehen bleiben.

Im Rahmen des Forschungsprogramms «Corona Immunitas» werden nun gesamtschweizerisch Daten gesammelt, die unter anderem aufzeigen sollen, inwiefern eine durchgemachte Erkrankung vor einer erneuten Ansteckung schützt.

Impfung, auch für Menschen mit MS

Im letzten Teil ihres Referats gingen Prof. Fehr und Prof. Puhan schliesslich auf das Thema der Corona-Impfung ein. «Die Entwicklung und Zulassung einer Impfung in solch einer kurzen Zeit ist eine Erfolgsgeschichte», sagte Prof. Fehr. Für andere, schon länger bekannte Erkrankungen gebe es bis heute keine Impfung (z.B. HIV). Prof. Fehr sprach sich klar dafür aus, dass MS-Betroffene mit eingeschränkter Mobilität, mit Lungenproblemen und solche mit Therapieformen, welche das Immunsystem beeinträchtigen (z.B. Lemtrada®, Ocrevus®), bevorzugt eine Impfung bekommen sollten.

Fachreferat von Prof. Jan Fehr und Prof. Milo Puhan (auf Englisch)

«MS State of the Art Symposium»

Das «MS State of the Art Symposium» ist der bedeutendste Fachkongress zu Multipler Sklerose in der Schweiz und wird von der Schweiz. MS-Gesellschaft und ihrem Wissenschaftlichen Beirat organisiert. Dieses Jahr fand das Symposium aufgrund der Pandemiesituation am 23. Januar 2021 in virtueller Form statt.

Informationen zu den erwähnten Medikamenten finden Sie in unseren MS-Infoblättern.


Wir danken den folgenden Sponsoren für ihre Unterstützung des «MS State of the Art Symposiums»

Gold Sponsor
Hollister (Schweiz) / Liberty Medical Switzerland AG

Silver Sponsors
Rehaklinik Zihlschlacht AG | AsFam GmbH

Bronze Sponsors
Berner Klinik Montana | heimelig betten AG | Publicare AG