Beeinflusst Kaffee tatsächlich das MS-Risiko?

Fachartikel

Bereits in früheren Studien wurde untersucht, ob Kaffeekonsum mit einem geringeren Risiko an Multipler Sklerose (MS) zu erkranken verbunden ist. 

Ein kürzlich vom Karolinska-Institut in Stockholm veröffentlichter Artikel gibt in der Tat an, dass bei Personen, die mindestens sechs Tassen (900 ml) Kaffee täglich trinken, ein geringeres Erkrankungsrisiko besteht.

Hintergrund

Für diese Arbeit hatten die Wissenschaftler Daten aus zwei grossen Studien analysiert und den Kaffeekonsum von Menschen mit MS vor dem Auftreten der Erkrankung mit dem gesunder Kontrollpersonen verglichen. In beiden Studien zeigte sich ein um 30 % geringeres MS Erkrankungsrisiko bei Menschen, die sechs oder mehr Tassen Kaffee täglich tranken.

Diese Ergebnisse stützen frühere Befunde, dass Koffein, das ja bekanntlich in Kaffee enthalten ist, möglicherweise das MS-Erkrankungsrisiko senkt, indem es die Nervenzellen gegen Schädigungen schützt. Man spricht dabei von neuroprotektiven Eigenschaften. Es konnte gezeigt werden, dass Koffein die Produktion von entzündungsfördernden Molekülen unterdrückt, die man Zytokine nennt. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Mechanismus, der den beobachteten Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und geringerem MS-Risiko verursacht. Wissenschaftlern zufolge sind jedoch weitere Untersuchungen nötig, um sicher sein zu können, dass tatsächlich das Koffein verantwortlich für diesen Zusammenhang ist.

Expertenkommentar

Kaffeetrinken wurde in den letzten Jahren in Studien mit einem reduzierten Risiko für das Auftreten von Parkinson und Alzheimerdemenz in Verbindung gebracht. Jetzt also eine Studie über Koffein und Multiple Sklerose.

Wie kommt man auf die Idee? Es gibt Daten aus dem Labor, die darauf hindeuten, dass Koffein einen neuroprotektiven (Nervenzellen schützenden) Effekt haben könnte und entzündungsfördernde Botenstoffe im Immunsystem (proinflammatorische Zytokine) unterdrücken könnte.

Zu der vorliegenden Studie muss angemerkt werden, dass solche epidemiologischen Beobachtungen nur statistische Zusammenhänge aufzeigen. Ob ein ursächlicher Zusammenhang besteht, kann mit den Daten nicht beantwortet werden. Es könnten noch ganz andere Verhaltensweisen der Kaffeetrinker für die Beobachtung verantwortlich sein. Auch zeigt die Studie nur einen ganz marginalen Einfluss des Kaffeetrinkens auf das Risiko an einer MS zu erkranken auf.

Welchen Einfluss das Kaffeetrinken auf den Verlauf einer schon bestehenden MS hat, kann mit den Daten deshalb nicht beantwortet werden. Insgesamt ist es aber eine interessante Beobachtung. Ob aber etwas Wahres daran ist, müssen weitere Studien zeigen. Es stimmt jedenfalls, dass Kaffee anregend wirkt, und dass für einige Menschen ein hoher Kaffeekonsum eher schädlich als nützlich sein kann. Daher sollte man aus den aktuell veröffentlichten Daten auch keine Ernährungsempfehlung ableiten, den Kaffeekonsum zu erhöhen.

Dr. Lutz Achtnichts