Menschen mit Behinderungen müssen einbezogen werden
Es besteht in allen Lebensbereichen von Menschen mit Behinderungen noch viel Handlungsbedarf, bis die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK) umgesetzt ist. Dies zeigt der Schattenbericht, den Inclusion Handicap, die Schweiz. MS-Gesellschaft und weitere Mitgliederorganisationen Ende August bei der UNO eingereicht haben. «Auch das Parlament steht in der Verantwortung, wir müssen politischen Druck machen», sagen Pascale Bruderer und Christian Lohr. Die Ständerätin setzt sich als Präsidentin von Inclusion Handicap für Menschen mit Behinderungen ein und Lohr ist Vize-Präsident von Pro Infirmis und erlebt die Herausforderungen am eigenen Leib, denn er wurde ohne Arme und mit missgebildeten Beinen geboren.
Umsetzung der UNO-BRK gefordert
Nun will er mittels Interpellation wissen, wie der Bundesrat Menschen mit Behinderungen in der Erarbeitung und Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen miteinbeziehen will und was er unternimmt, um seine Verpflichtungen einzuhalten. Bruderer reichte zwei Motionen ein: Zum einen sollen Lücken im Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) zu den privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen geschlossen, zum anderen Benachteiligungen durch private Dienstleistungsanbieter beseitigt werden.
Mitsprache von Menschen mit Handicap fehlt
Im Gesetzgebungsprozess werden heute Menschen mit Behinderungen und ihre Organisationen kaum eingebunden. «Dies ist eine direkte Vorgabe der UNO-BRK, die meist nicht eingehalten wird», stellt Lohr fest. «Ohne die Expertise der Betroffenen können aber keine guten Lösungen gefunden werden». So werden häufig nicht taugliche Vorschläge erarbeitet, da es den Verantwortlichen an Kenntnissen zu den spezifischen Bedürfnissen der Betroffenen fehle, und diese von einem veralteten, fürsorglichen Ansatz ausgehen. Man sollte Menschen mit Handicap hingegen auf Augenhöhe begegnen.
Diskriminierung bei Stellensuche und Lohn
Das fehlende Ernstnehmen von Menschen mit Behinderungen zeigt sich gerade auch im Arbeitsmarkt und den ihm zugrundeliegenden rechtlichen Regelungen. Stellensuchende mit MS erleben immer wieder, dass sie aufgrund ihrer Einschränkungen nicht angestellt werden, auch wenn sie die nötigen Qualifikationen und Fähigkeiten mitbringen. Auch betreffend Arbeitsbedingungen und Entlöhnung gibt es noch zu wenig Schutz vor Diskriminierung.
Die heutigen Gesetze wie das Obligationenrecht (OR) oder das Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) weisen hier gemäss Pascale Bruderer Lücken auf. Das BehiG ist auch bei Diskriminierungen von Anbietern privater Dienstleistungen nahezu wirkungslos: Dies äussert sich, wenn eine Person aufgrund ihrer Behinderung nicht ins Kino, an eine Privatschule oder an ein Konzert kann, weil diese Angebote nicht barrierefrei sind.
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