Schattenbericht zeigt Diskriminierung auf

Inclusion Handicap hat am 29. August 2017, gemeinsam mit seinen 25 Mitgliederorganisationen in Genf den Schattenbericht zur UNO-Behindertenrechtskonvention der zuständigen Kommission übergeben. Die Schweiz. MS-Gesellschaft war mit drei Betroffenen vor Ort dabei.

Selbstbestimmtes Leben für alle Menschen mit Behinderungen – dies verlangt die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK), die von der Schweiz 2014 ratifiziert wurde. Der Staatenbericht des Bundes, der die aktuelle Situation aufzeigen soll, zeigt sich an vielen Stellen schönfärberisch und unvollständig. Der Schattenbericht hingegen zeigt aus Sicht der Menschen mit Behinderungen, wo überall Handlungsbedarf besteht, damit die Konvention erfolgreich umgesetzt werden kann.

Inclusion Handicap erarbeitete den Bericht in enger Zusammenarbeit mit seinen 25 Mitgliederorganisationen. Zusätzlich wurden Direktbetroffene sowie weitere Expertinnen und Experten befragt. Alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey wies an der Medienkonferenz auf die grosse Bedeutung des Schattenberichtes hin.

Strategie für erfolgreiche Umsetzung nötig

«Es gibt noch viel zu tun, und zwar in sämtlichen Lebensbereichen», sagte Pascale Bruderer, Präsidentin von Inclusion Handicap. «Der Schattenbericht legt die Situation für Menschen mit Behinderungen umfassend dar. Und wir präsentieren dazu zahlreiche politische Forderungen.» Für die konsequente Umsetzung der Konvention braucht es einen konkreten Plan, der durch Bund und Kantone gemeinsam mit den Behindertenorganisationen erarbeitet wird. Eine solche Strategie fehlt heute völlig. «Der politische Wille ist nicht vorhanden», hielt Christian Lohr, Vize-Präsident von Pro Infirmis, an der Medienkonferenz fest. «Ausserdem muss die gesellschaftliche Teilhabe der Menschen mit Behinderungen unbedingt sichergestellt werden.»

Politische Vorstösse gegen Diskriminierung

Ständerätin Pascale Bruderer und Nationalrat Christian Lohr kündigten mehrere politische Vorstösse an. «Ich werde im Parlament einen Vorstoss einreichen, damit Menschen mit Behinderungen besser vor Diskriminierungen geschützt werden». Denn sie werden auf dem Arbeitsmarkt oft benachteiligt, ohne dass ihre Arbeitgeber zur Rechenschaft gezogen werden. Die Probleme fangen aber bereits bei der Bildung an: «Viele Kinder werden in Sonderschulen gesteckt», hielt Verena Kuonen, Vize-Präsidentin von Inclusion Handicap, fest.

Zudem haben Menschen mit Behinderungen beim Zugang zu Dienstleistungen von Privaten häufig mit Barrieren zu kämpfen (z.B. bei Dokumenten, Webseiten oder beim Zugang zu Gebäuden). Die Palette der Hindernisse ist breit. Sie reicht von baulichen Barrieren, Diskriminierungen am Arbeitsplatz, fehlendem Nachteilsausgleich bei der Ausbildung bis zur menschenrechtlich problematischen Praxis der Zwangseinweisungen in psychiatrische Einrichtungen. «Der Schattenbericht benennt diese systematisch», sagt Bruderer, «Jetzt ist Handeln angesagt – auf allen Ebenen! Wir stehen alle in der Pflicht.»

Zum vollständigen Schattenbericht