Tierisch gute Freunde: Hunter & Cassandra

MS-Geschichten

Was die Beziehung von MS-Betroffenen und Haustieren angeht, spricht einiges für ein inniges Miteinander:  Viele Studien und noch mehr Lebens-Erfahrungen belegen von Blutdruck-Senkung über Stressreduktion bis Wohlfühlfaktor eine Vielzahl positiver physischer und psychischer Effekte.  

Zudem bringen die «tierischen Freunde» Struktur in den Alltag und machen häufig Sozialkontakte relativ einfach möglich. Klar, gibt es auch elementare Dinge, die für die Tierhaltung allgemein und ein gutes Verhältnis beachtet werden müssen. Wir stellen hier unregelmässig MS-Betroffene und ihre Lieblinge vor.

Wer bist du? Erzähl uns etwas über dich. 
Mein Name ist Cassandra Fachin. Ich bin 32 Jahre alt und wohne in Ziefen (Baselland). Ursprünglich bin ich aber eine waschechte Bündnerin, von Chur. Bin mit 19 Jahren wegen meinem jetzigen Ehemann ins Baselbiet gezogen, aber meine restliche Familie lebt immer noch im Bündnerland.

Ich habe die ersten MS-Symptome 2007 mit 18 Jahren, direkt nach meiner abgeschlossenen Lehre bekommen. Die definitive Diagnose dann im 2008 mit 19 Jahren. Die ersten Schübe wirkten sich hauptsächlich auf die Augen (Sehnerv) aus. Hatte gleich mehrere nacheinander. Leider hat sich mein rechtes Auge nie mehr komplett davon erholt und ich sehe seit der Diagnose damit nur noch zu 20%.  Ich habe allgemein eine recht aktive, schubförmige MS, mit bereits vielen Schüben, den ganzen Körper betreffend, durch gemacht. Gott sei Dank haben diese sich jedoch immer komplett wieder zurück gebildet und erholt. Zur Zeit werde ich mit der Basistherapie Ocrevus behandelt.

Und wer ist dein «tierischer Freund»?
Mein tierisch bester Freund und Seelenhund heisst Hunter, er ist ein Zwergdackel und 6 Jahre alt. Ich habe ihn bereits, seit er 10 Wochen alt ist.

Wie habt ihr zueinander gefunden?
Für mich war bereits als kleines Kind klar, dass ich irgendwann, wenn ich gross bin, selber einen Hund haben möchte, da ich selber mit einem aufgewachsen bin. Es brauchte ein wenig Überzeugungskraft bei meinem Mann, da er in seinem Leben keinerlei Erfahrungen mit Hunden gesammelt hatte. Ich hatte dann leider im 2014 wieder einen Schub, diesmal einen schlimmeren mit Sprachstörungen -  und war psychisch sehr stark angeschlagen. Da wusste mein Mann, dass der richtige Zeitpunkt für einen Hund gekommen ist und hat mir somit meinen grössten Wunsch erfüllt.

Ich weiss noch, dass ich gleich am nächsten Tag, nachdem ich das Okay hatte, den Züchter kontaktierte, um eine Welpenbesichtigung auszumachen (Hahaha). Das Witzige ist, dass Hunter von Landquart kommt (bloss 10 Minuten von Chur entfernt), also auch ein Bündner ist, wie ich. So habe ich immer ein Stück Heimat bei mir.

Wirkt sich dein Tier positiv auf deinen Alltag mit Multipler Sklerose aus? Welche körperlichen und psychischen Vorteile bringt dir euer Zusammenleben?
Hunter wirkt sich in jeder Hinsicht positiv auf meine MS aus, sei es körperlich oder psychisch.
Da Bewegung sehr wichtig für MS-Betroffene ist, hat es den Vorteil, dass man raus muss, wenn man ein Hundehalter ist. Ich liebe es, lange Spaziergänge oder Wanderungen mit ihm zu unternehmen, man kriegt den Kopf frei und kann abschalten und geniesst den Moment mit seinem Vierbeiner.

Aber der wichtigere Aspekt ist in jedem Fall die psychische Unterstützung. Es ist erstaunlich, wie gut und schnell Hunter bemerkt, wenn es mir nicht gut geht. Er sucht dann richtig die Nähe zu mir und ist für mich da - und das ohne Worte, weil es die in gewissen Momenten auch einfach nicht braucht. Mein Mann kann natürlich nicht immer und zu jeder Tageszeit, wenn es mir schlecht geht, bei mir sein, aber Hunter ist immer zur Stelle. Er bringt mich in diesen Momenten mit seiner tollpatschigen Art auch viel zum Lachen und ich möchte diesen kleinen Hund einfach nie mehr missen. Er ist für mich nicht einfach nur ein Tier/Hund, sondern Familie.

Gibt es auch Probleme, Sorgen?
Das einzige Problem oder Sorgen habe ich immer dann, wenn ich wegen eines Schubes stationär im Spital bleiben muss. Mein Mann ist 100% berufstätig und Hunter kann nicht 10 Stunden allein zu Hause sein. Zum Glück habe ich tolle Schwiegereltern in der Nähe oder auch meine Mutter, die dann extra von Chur kommt, um ihn zu sich zu nehmen. Aber natürlich merkt Hunter dann auch, dass etwas nicht stimmt. Ich finde es immer wieder schade, dass keine Haustiere, wie Hund oder Katze für Kurzbesuche in den Spitälern erlaubt sind, weil diese soooooo einen positiven Effekt auf die Genesung hätten. Weil man sie als Besitzer schon arg in so einer schweren Zeit vermisst.

Kannst du anderen MS-Betroffenen (d)ein Haustier empfehlen? Welche Voraussetzungen müssen für eine funktionierende «Partnerschaft» definitiv erfüllt sein?
Ich würde jedem einen Hund empfehlen. Ein Hund gibt einem so viel und schenkt dir aufrichtige und bedingungslose Liebe und Treue, ohne dich jemals zu verurteilen oder anders zu behandeln, wenn du mal nicht «richtig funktionierst». Wichtig ist vielleicht, dass man die nötige Zeit dafür aufwenden kann um ein Haustier zu haben und dass sich im Notfall jemand darum kümmern kann, falls etwas wäre. Natürlich ist ein Haustier auch immer mit Kosten verbunden, die man sich leisten können muss.