Gesichter der MS: Claudia Stäubli

Gesichter der MS

Diese Serie ist anders. Nicht Dritte oder Unbeteiligte reden über MS und Menschen mit MS. Sondern MS-Betroffene selbst sprechen über ihr Leben mit einer unheilbaren Krankheit, ihre Hoffnungen, ihre Ängste. Wie die Krankheit sie fordert, aber auch, wie die MS sie vielleicht stärker gemacht hat. Wie eng gute und schlechte Erfahrungen beieinander liegen.

Wer bist du? Wie alt bist du? 
Mein Name ist Claudia und ich bin 40 Jahre alt.

 

Was bedeutet MS für dich? 
Sie ist, wie so vieles, für immer in meinem «Lebensrucksack», den ich nie ablegen kann.

 

Wie lange bestanden bei dir schon die Symptome vor der Diagnose?
Nur einige Monate, es ging alles sehr schnell.

 

Wie und in welchem Alter wurde dir die Diagnose MS vermittelt?
Ich war 25 und gerade in der Ausbildung zur Krankenschwester. Plötzlich hatte ich ein taubes Bein. Ich hatte bereits den Verdacht von MS. Mein Hausarzt wollte/musste noch alle Tests abwarten. Nach Liquor-Entnahme im Unispital Zürich und MRI, hatte ich ein Gespräch beim Hausarzt. Ich fragte nur, ob es bestätigt werden konnte, und er sagte ja. Erklärungen erübrigten sich.

 

Was war dein erster Gedanke nach der Diagnose MS?
Ich werde bald im Rollstuhl sein und nie mehr meinen Beruf ausüben können.

 

Welche Symptome machen dir am meisten zu schaffen? Wo behindern dich die Symptome im Alltag, wie beeinflusst die MS deine Lebensqualität?
Am härtesten trifft mich die Fatige und dann meine Seheinschränkungen. Oft weiss ich, was ich alles sollte/müsste, aber die Kraft oder Energie reicht bei weitem nicht. Das wenige Sehen macht es mir schwer beim Haushalt, da ich vieles nicht sehe, müssen meine Hände danach alles abtasten, ob es sauber ist.

Wie geht dein privates Umfeld, also Familie, Freunde, Partner, mit deiner Krankheit um?
Meine wirklichen Freunde fragen immer wieder nach, wie es der MS geht, ob sie schön brav ist. Andere meinen nur, man sieht ja gar nichts. Meine Familie weiss Bescheid, ist aber nicht wirklich ein Gesprächsthema.

Hast du Kinder? Wie gehen sie damit um? Wie bekommst du/mit deinem Partner Kinder und Beruf unter einen Hut?
Ich habe 10-jährige Zwillings-Knaben. Meine zwei Jungs hatten anfangs Angst, dass ich sterben könnte. Es braucht immer wieder Gespräche über die MS, über Symptome und sogar über Therapien. Da ich alleinerziehend bin, werden meine Jungs zur Selbstständigkeit erzogen, was mir auch hilft, wenn es mir nicht gut geht. Derzeit arbeite ich bei einer Spitex als Dipl. Pflegefachfrau HF zu 20%. Meine Chefinnen nehmen sehr grosse Rücksicht auf meine gesundheitliche wie auch private Situation. Somit kann ich während den Schulstunden arbeiten und in der Freizeit meiner Kids bei ihnen sein.

 

Wie entspannst du dich? Welchen Rat hast du für andere MS-Betroffene?
Beim Qi-Gong und beim Schmusen mit unseren 3 Katzen und 2 Ratten, kann ich mich super entspannen. Ich musste lernen, alles meinen Kräften entsprechend zu planen und Prioritäten zu setzen. Und wenn ich mich mal verschätze, dann hat das auch Platz. Dann ist halt die Küche schmutzig und die Wäsche noch dreckig. Ich höre auf meinen Körper, wenn er nicht mehr mag, lege ich mich hin und schlafe halt.

 

Was macht dir in Bezug auf MS Angst?
Auf meine MS nichts. Meine grosse Angst ist, dass es meine Jungs auch eines Tages treffen könnte.

 

Was gibt dir in Bezug auf MS Hoffnung?
Dass ich nicht alleine bin und daher immer weiter an Therapien geforscht wird.

 

Wenn du 3 Wünsche frei hättest: Welche wären das?
Friede, Gesundheit und Gleichberechtigung für alle.

 

Hattest du im Zusammenhang mit MS lustige und/oder traurige Erlebnisse?
Am Telefon wollte mir eine Verkäuferin bei der Verabschiedung klar machen, dass Sie auch schon MS hatte und es gut überstanden habe. Sie wünsche mir alles Gute.

 

Welchen Satz über MS kannst du nicht mehr hören?
Ist das Muskelschwund?
Man sieht ja gar nichts.

 

Wenn deine MS ein Tier wäre, welches und warum?
Eine Laus, man sieht sie nicht, ärgert einen aber jeden Tag aufs Neue.

An was hängt dein Herz?
An meinen Kindern.

Ein Satz für deine Liebsten?
Danke, dass es euch gibt und ich so jeden Tag einen Grund zum weitermachen habe.

 

Ein Satz für deine «Feinde»?
Lebt wohl.

Dein Lebens-Motto?
S Läbe gaht witer (egal in welcher Form).

Dein Lieblingsbuch? Lieblingsfilm? Lieblingsessen? Gegen den MS-Blues?
«Bob, der Streuner». «Bad Boys». Mangos - und dazu gute Musik.

 

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft?
Die ist immer für mich da. Habe bereits eine persönliche Beratung wahrgenommen. Zudem nehme ich am MS Register teil.


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Dann schreib uns eine Mail mit dem Betreff «Gesichter der MS» an: redaktion@multiplesklerose.ch
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Liebe Grüsse, deine Redaktion

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