Gesichter der MS 2023: Yvonne Glanzmann

Gesichter der MS

Ich heisse Yvonne Glanzmann, bin 48 Jahre alt. Bin Hausfrau, Ehefrau und Mutter einer 17-jährigen Tochter. Arbeiten kann ich schon seit längerer Zeit nicht mehr. Ich lebe in einem schönen kleinen Dorf im Entlebuch (LU) in einem Eigenheim.

In welchem Alter bekamst du die Diagnose MS? Geschah das sensibel oder «optimierungsbedürftig»?
Ich bekam die Diagnose im Jahr 1994 mit 19 Jahren. Die Art und Weise, wie es mir mitgeteilt wurde, war nicht gerade vorteilhaft:  Per Telefon! Und dies nach eineinhalb Jahren Untersuchungsmarathon.

Was war dein allererster Gedanke nach der Diagnose MS? Was hast du danach getan?
Was heisst MS, und was geschieht jetzt mit mir? Der zweite Gedanke war: Jetzt weiss ich endlich, was mir fehlt, dies war auch eine Art von Erleichterung.

Vom Zeitpunkt der Diagnose bis heute: Wie hat sich deine Einstellung zur MS verändert?
Ist noch ziemlich das Gleiche. Ich lebte auch schon dazumal mit dem Motto:
Mach immer das Beste daraus, du bist nicht todkrank und es gibt noch Schlimmeres auf dieser Erde. Jeder und jede hat seinen/ihren Rucksack zu tragen.

Welche Symptome machen dir heute am meisten zu schaffen? Wie beeinflusst die MS  deine Lebensqualität?
Was bei mir sehr ausgeprägt ist, ist die Spastik, sowie die Müdigkeit. Auch mein Auffassungsvermögen ist schlechter, als auch schon. Konzentration, wie auch Mitteilung und Wortwahl fehlen oft. Deswegen werde ich oft falsch verstanden, sodass ich mich erklären muss.

Auch kann man bei vielen Veranstaltungen nicht mitmachen oder bei Ausflügen nicht teilnehmen. Aber auch ich habe mein Hobby, das ich wahrnehmen kann.

Stichwort Therapien: Welche machst du, und wie kommst du damit zurecht?
Ich mache zurzeit keine Therapien. Ich habe jahrelang Physio, Ergo und Hippotherapie gemacht, bis es mir zu viel wurde. Medikamenten-Therapie: Da nehme ich zurzeit Ocrevus.

Gab es Entscheidungen, die du dich vor der Diagnose nie getraut hättest?
 Ja, das MRI. Habe Platzangst.

Gab es Menschen, die sich nach der Diagnose von dir abgewendet haben? Was würdest du ihnen heute gerne sagen?
Abgewendet nicht gerade, aber viele konnten mit dem Ergebnis MS nicht umgehen! Auch würde Ich Ihnen sagen, dass man immer noch der gleiche Mensch ist, mit allfälligen Ausfällen.

Gibt es Menschen, die dich besonders unterstützen? Von denen du das vielleicht gar nie erwartet hättest?
Ja, meine Familie ist und war immer für mich da. Auch hatte ich auch zuvor schon einen tollen Kollegenkreis, der mir immer zur Seite stand. Die einen mehr, die anderen etwas weniger.
 

Wenn du in den Spiegel schaust: Was siehst du?
Die gleiche Person wie vor der Diagnose MS.

Gab es schon Situationen, in denen du dich für deine Krankheit rechtfertigen musstest?
Ja, gab es auch, wenn dann einmal. Aber nichts Gravierendes.

Was ist dein grösster Verlust durch die MS?
Meine Gehfähigkeit, dadurch meine sportliche Betätigung, die ich über alles liebte.

Hat dir die MS im Gegenzug etwas gegeben, was du vorher nicht hattest oder kanntest?
Ich kann mich noch besser in andere Leute, die auch gesundheitliche Probleme haben, hineinversetzen.

Gibt es eine Erwartungshaltung an MS-Betroffene, immer positiv und optimistisch zu sein? Wie gehst du damit um?
Ich habe, und darüber bin ich sehr dankbar, schon immer die Einstellung, aus allem das Beste zu machen. Auch lebe ich damit, lieber das Positive als das Negative zu sehen/fühlen.

Hat die MS Konsequenzen für deine Partnerschaft/Beziehungen, emotional und körperlich?
Ja, das Leben miteinander wird mit den Jahren ziemlich auf den Prüfstand gebracht. Was zuvor selbstverständlich und klar war, ist auf einmal oft unklar und komplizierter.
Was auch fehlt, ist sicher gemeinsame Aktivität (Hobbys), die einen verbunden hat. Da fehlt natürlich etwas in einer Beziehung, auch körperlich.

Die MS und deine Arbeit: Geht das gut? Oder gibt es Probleme?
Bin «nur» noch Hausfrau und Mutter.

Gibt es so etwas wie eine goldene Regel fürs «MS-Outing»? Wie gehst du damit um?
Ich finde es das Beste, klar und offen darüber (MS) zu kommunizieren, da es sonst oft zu Unklarheiten kommen kann. So habe ich es zumindest gemacht.

Spielen Ernährung und komplementäre Verfahren eine Rolle in deinem Leben mit MS?
Nein, darauf achte ich nicht, da man mit der MS schon genug Einschränkungen hat.

Was ist für dich tabu bei deiner MS? Gibt es Dinge, über die du nicht einmal mit deinen engsten Vertrauten sprechen möchtest?
Wüsste jetzt nichts. Bin sehr offen.

Welches sind die «Top 3» der Sätze, die du über MS nicht mehr hören kannst?
Habe so direkt nie blöde Fragen bekommen, da die Leute ja nicht gerade viel wissen über MS. Jedenfalls zu meinen anfänglichen MS-Zeiten (1994).

In der direkten Konfrontation mit Vorurteilen oder Irrtümern, wie reagierst du?
Zuerst probiere ich mit der Person über die MS zu sprechen, oder frage die Personen, was sie überhaupt über diese Krankheit weiss - oder meint zu wissen.

Hattest du im Zusammenhang mit MS lustige oder traurige Erlebnisse?
Lustige….Wir (Ich) nehme es oft mit schwarzem Humor, und dies heitert sogar oft auf.

Wie entspannst du dich? Welchen Rat hast du für andere MS-Betroffene?
Ich nehme mir immer wieder Zeit für die Natur oder lege mich hin und höre Musik.

Hast du ein Hobby? Etwas, was dich total begeistert?
Ich gehe sehr oft an Fussballspiele, zu meinem Lieblingsverein, dem FC Luzern (FCL). Auch hatte ich einmal einen Hund - und das war mein grösstes Hobby.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft?
Ich informiere mich ab und zu über das Internet darüber. Jedoch viel zu wenig!


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