Gesichter der MS 2023: Rosaria Beyeler

Gesichter der MS

Ich bin Rosaria Beyeler, 45 Jahre alt und wohne mit meinem Mann und unseren 2 Töchtern sehr ländlich im Baselland. Ich arbeite als Fachfrau im Finanz- und Rechnungswesen in der öffentlichen Verwaltung.

In welchem Alter bekamst du die Diagnose MS? Geschah das sensibel oder «optimierungsbedürftig»?
Die Diagnose MS bekam ich mit 37 Jahren. Mein Neurologe hat meinem Mann und mir dies sehr einfühlsam mitgeteilt. Er hat uns die Zeit gelassen, uns mit der Diagnose auseinander zu setzen und ist jederzeit für Fragen zur Verfügung gestanden.

Was war dein allererster Gedanke nach der Diagnose MS? Was hast du danach getan?
Ich war zu Beginn völlig überfordert mit der Diagnose, habe nur noch geweint und hatte Zukunftsängste. Mit MS hatte ich überhaupt nicht gerechnet und war völlig vor den Kopf gestossen. Zudem kam die Frage auf, ob dies vererbbar ist, da ich Kinder habe. Ich habe mich daraufhin mit der Schweiz. MS-Gesellschaft in Kontakt gesetzt, welche mich sehr kompetent beraten hat.

Vom Zeitpunkt der Diagnose bis heute: Wie hat sich deine Einstellung zur MS verändert?
Ich habe sehr vieles über die MS gelernt und diese auch akzeptiert. Mir war es immer wichtig, dass ich mit der MS lebe - und nicht sie mit mir.

Welche Symptome machen dir heute am meisten zu schaffen? Wie beeinflusst die MS deine Lebensqualität?
Die Fatigue macht mir am meisten zu schaffen, sowie Gefühlsstörungen in den Händen und Füssen. Treten Gleichgewichtsstörungen auf, weiss ich genau, dass ich einen Gang zurückfahren muss, um meinem Körper Erholung zu gewähren.

Stichwort Therapien: Welche machst du, und wie kommst du damit zurecht?
Nach der Diagnose habe ich mit der Gilenya-Therapie gestartet. Da aber die Schübe nicht nachliessen, habe ich im 2019 mit der Ocrevus-Infusion begonnen. Ich bekomme das Medikament alle 6 Monate und vertrage es sehr gut. Die Schübe sind seither auch weniger geworden.

Gab es Entscheidungen, die du dich vor der Diagnose nie getraut hättest?
Ich habe gelernt «nein» zu sagen.

Gab es Menschen, die sich nach der Diagnose von dir abgewendet haben? Was würdest du ihnen heute gerne sagen?
Nein, zum Glück haben alle zu mir gehalten.

Gibt es Menschen, die dich besonders unterstützen? Von denen du das vielleicht gar nie erwartet hättest?
Ja, in erster Linie mein Mann und meine Familie. Meine beste Freundin war und ist mir immer noch eine grosse Stütze. Zudem wird uns von unserem Freundeskreis immer wieder Hilfe angeboten.

Wenn du in den Spiegel schaust: Was siehst du?
Ich sehe eine starke Frau, die glücklich ist und vorwärts schaut.

Gab es schon Situationen, in denen du dich für deine Krankheit rechtfertigen musstest?
Das hat es auch schon gegeben. Aber heute versuche ich, diese Situationen nicht zu sehr an mich ranzulassen.

Was ist dein grösster Verlust durch die MS?
Das sind die Empfindungsstörungen, wie Taubheitsgefühl, Kribbeln in den Händen und Füssen, sowie eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Temperaturen.  

Hat dir die MS im Gegenzug etwas gegeben, was du vorher nicht hattest oder kanntest?
Durch die MS habe ich gelernt, mir bewusst Zeit zum Entspannen zu nehmen und mir etwas Gutes zu tun.

Gibt es eine Erwartungshaltung an MS-Betroffene, immer positiv und optimistisch zu sein? Wie gehst du damit um?
Nein, das habe ich nie so empfunden. Es haben alle Menschen mal einen schlechten Tag, was auch völlig in Ordnung ist.

Hat die MS Konsequenzen für deine Partnerschaft/Beziehungen, emotional und körperlich?
Nein, wir leben unsere Beziehung wie vor der Diagnose weiter.

Die MS und deine Arbeit: Geht das gut? Oder gibt es Probleme?
Ich kann meine Arbeit sehr gut machen und habe keine Probleme. Auch hier habe ich immer offen informiert.

Gibt es so etwas wie eine goldene Regel fürs «MS-Outing»? Wie gehst du damit um?
Eine goldene Regel gibt es nicht. Ich bin immer sehr offen damit umgegangen. Die MS gehört zu mir und die verheimliche ich auch nicht.

Spielen Ernährung und komplementäre Verfahren eine Rolle in deinem Leben mit MS?
Ich versuche, mich ausgewogen zu ernähren. Bei körperlichen Beschwerden gehe ich in die Massage.

Was ist für dich tabu bei deiner MS? Gibt es Dinge, über die du nicht einmal mit deinen engsten Vertrauten sprechen möchtest?
Ich kenne keine Tabus bei der MS. Ich gehe sehr offen damit um.

Welches sind die «Top 3» der Sätze, die du über MS nicht mehr hören kannst?
Du bist ja gesund, man sieht dir nichts an.
Mach dir keine Sorgen, das vergeht schon wieder.
Du kannst ja alles noch genau wie früher machen.

In der direkten Konfrontation mit Vorurteilen oder Irrtümern, wie reagierst du?
Wenn ich Lust und Energie habe, versuche ich soweit wie möglich aufzuklären.

Hattest du im Zusammenhang mit MS lustige oder traurige Erlebnisse?
Während der Ocrevus-Infusion habe ich immer wieder lustige, interessante und zum Teil auch traurige Begegnungen mit anderen Betroffenen. Der Austausch ist immer wieder sehr interessant und lehrreich.

Wie entspannst du dich? Welchen Rat hast du für andere MS-Betroffene?
Ich entspanne mich in der Natur. Ich mache das, worauf ich Lust habe und geniesse diese Zeit viel bewusster als früher.

Hast du ein Hobby? Etwas, was dich total begeistert?
Mein grösstes Hobby ist meine Familie, welche mich stets unterstützt. In meiner Freizeit lese ich viel, besuche Konzerte, mache Pilates, bin in der Natur und verbringe Zeit mit meinen Freunden.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft?
Die Schweiz. MS-Gesellschaft war meine erste Anlaufstelle nach der Diagnose. Ich habe seither viele Seminare besucht, welche die Gesellschaft anbietet, und über die Homepage erkundige ich mich immer wieder zu neuen Themen.

 


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