Gesichter der MS 2022: Corinne Zahnd

Gesichter der MS

Ich bin Corinne, werde im August 43 und wohne mit meinem Partner im schönen Guggisberg im Kanton Bern. Ich arbeite seit 20 Jahren als Detailhandelsfachfrau bei Coop.

Wie würde dich deine beste Freundin/dein bester Freund in ein, zwei Sätzen beschreiben?
Das ist sehr schwierig zu sagen, denn ich denke, dass zwei Sätze ziemlich knapp sind, um jemanden zu beschreiben. Ich glaube, dass Worte wie optimistisch, fröhlich, unkompliziert und leicht verrückt dabei sein würden.

Welche 3 Dinge kannst du richtig gut?
Irgendetwas Positives finde ich in allem, ich kann sehr gut zuhören und kann eigentlich allgemein ganz gut mit Menschen umgehen.

Für welche 3 Dinge hast du null Talent?
Im Singen bin ich absolut talentfrei, ich kann zwar laut aber nicht schön, bin null geduldig und kann leider so gar nicht nähen.

Du darfst für 24 Stunden in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Wer wolltest du sein?
Keine Ahnung, ich bin in meiner eigenen ganz zufrieden. Wenn ich aber könnte, würde ich gerne einen Tag in der Haut eines Tierpflegers im Dählhölzli verbringen.

Umgekehrt: Wer sollte mal einen Tag lang dein Leben mi MS führen? Warum?
Ich wünsche es niemandem, auch nicht für 24 Stunden.

Wie und in welchem Alter wurde dir die Diagnose MS vermittelt?
In meiner stationärer Woche im Inselspital, wurde mir kurz vor meinem 39. Geburtstag von zwei Ärzten mitgeteilt, ich hätte MS.

Wie hast du dich bei der Neudiagnose über MS informiert?
Auf Anraten der Ärzte hin, habe ich mich anfangs tatsächlich nicht über Google informiert. In der MS-Sprechstunde im Neurozentrum hatten wir sehr viele Informationen und Antworten auf unsere Fragen erhalten.

Was waren deine ersten MS-Symptome? Welche bestimmen deinen Alltag heute?
Meine ersten Symptome hatte ich wohl schon einige Jahre zuvor. Das ging von Sensibilitätsstörungen im Gesicht über Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen, massive Schluckbeschwerden. Bis hin zu Gangstörungen war alles vertreten. In welcher Reihenfolge und wann diese waren, kann ich nicht mehr sagen.

Sie gingen ja auch immer irgendwann wieder weg, daher war ich deswegen auch nie bei einem Arzt. Dank meinem aktuellen Medikament bestimme zur Zeit ich selbst meinen Alltag, nicht die MS. Zuviel Stress macht sich bei mir meist beim «Sehen» bemerkbar. Auch die Fatigue und die mangelnde Feinmotorik begleiten mich mal mehr, mal weniger. 

Wie stark hat die Diagnose MS deine Lebenspläne und -ziele verändert?
Gar nicht.

Was ist dein grösstes Learning vom Leben mit MS?
Schwierige Frage... zum einen, dass ich offen sein muss für allfällige Veränderungen in meinem Leben, zum andern, dass ich unendlich dankbar um meinen Partner bin, der bis jetzt in jeder noch so unschönen Situation an meiner Seite war. 

Wenn du gegenüber einer Person sitzen würdest, die gerade kürzlich die Diagnose MS erhalten hat: Was würdest du ihr sagen?
Mach dir nicht zu viele Gedanken, denke positiv und akzeptiere deine MS. Es wird alles gehen, vielleicht einfach ein wenig anders.

Hast du Angst vor Benachteiligung - im Beruf, in Beziehungen, in Freizeitvereinen – wenn du mit deiner Diagnose offen umgehst? Oder hast du sogar schon Benachteiligung erlebt?
Ich gehe absolut offen damit um, sie ist nun mal ein Teil von mir. Benachteiligungen habe ich bis jetzt keine erlebt, im Gegenteil, ich habe sehr viel Verständnis, Rücksicht und Hilfsbereitschaft erhalten.

An nicht so guten Tagen:  wer oder was gibt dir Mut und Hoffnung?
Mein Partner, meine Familie, meine Freunde und meine Katze.

Nimmt unsere Gesellschaft deiner Erfahrung nach genügend Rücksicht auf Personen mit MS? Falls nein: Was würdest du dir von nicht Betroffenen wünschen?
Es kommt in meinen Augen nicht nur auf die Gesellschaft, sondern auf jeden Einzelnen an. Ich als MS-Betroffene darf nicht ständig erwarten, dass auf mich Rücksicht genommen wird. So wichtig nehme ich mich nicht... ;-)

Welche 3 deiner Eigenschaften sind für das Leben mit MS hilfreich?
Mein Optimismus, meine Offenheit und meine Akzeptanz der MS gegenüber.

Welche 3 deiner Charakterzüge machen es eher schwierig? 
Keine Geduld mit mir selbst zu haben, mein sturer Kopf und dass es mir sehr schwer fällt, Hilfe anzunehmen.

Hast du manchmal schlaflose Nächte? Was raubt dir den Schlaf? 
Nein, normalerweise schlafe ich wie ein Murmeltier.

Gibt es Momente, in denen du die MS vergessen kannst?
Absolut! Gerade die gemeinsame Zeit mit meinem 5-jährigen «Gottemeitli» lässt mich alles vergessen.

Beim Flirten oder beim Date: Ist man als MS-Betroffene/r zurückhaltender? Gibt es einen «guten» Moment, die MS-Erkrankung zu outen?
Da ich schon Jahre vor meiner Diagnose in meiner jetzigen Beziehung war, kann ich dies nicht wirklich beantworten. Ich denke jedoch, dass es nur fair ist, von Anfang an mit offenen Karten zu spielen.

Was wolltest du schon immer mal machen? Was hat dich davon abgehalten?
Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich hätte wahnsinnig gerne einen Hund, da wir beide jedoch 100% arbeiten, lässt es die Zeit nicht zu.

Du darfst als Gastgeber/in eines Galadinners 3 beliebige Menschen einladen. Wer wäre das und warum?
Ich bin absolut kein Mensch für Galadinners. Eher würde ich meine Freunde, Familie und Arbeitskollegen zum «Brätle» an der Sense einladen. Dies wären aber definitiv mehr als 3 :-). Warum? Weil sie immer zu mir stehen und ich ihnen sehr dankbar bin, dass sie mich so nehmen wie ich bin. 

Du kannst mit einer Zeitmaschine an einen beliebigen Punkt in der Zukunft reisen: Welcher wäre das und warum?
Von meiner Zukunft lasse ich mich lieber überraschen.

Und jetzt das Ganze anders herum: du kannst in die Vergangenheit reisen. Welches Ereignis/Jahr/Tag würdest du wählen? Und warum?
Ich würde circa 15 Jahre zurück gehen, um meine Grosseltern und meinen Götti noch einmal sehen zu können. Noch einmal mit ihnen zu reden, zu lachen, einfach noch einmal Zeit mit ihnen verbringen zu dürfen, wäre das grösste Geschenk für mich.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft? Gibt es Wünsche, die du an die Schweiz. MS-Gesellschaft hast? 
Ich bin dankbar, dass es sie gibt.


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