Da habe ich alle meine Eigenschaften, Erfahrungen, Luftfahrt, Ideen, Vorstellungen vom Leben, Vorlieben, Sehnsüchte eingegeben und meine echten Fotos. Kein Fake. Nur die MS habe ich weg gelassen. Boom… an die 1000 Kontakte und Reaktionen.
Lange stand die Romantik im Vordergrund... aber man kommt früher oder später, heutzutage früher, immer zum Punkt Geld. Vieles reduziert sich auf diesen Plattformen am Ende des Tages auf die Frage, «Wie finanzierst du dein Leben?». Da meine Antwort fairerweise war: «Ich habe MS und lebe von der IV-Rente», war die Reaktion: «Und Tschüss».
Das deckt sich mit den Erfahrungen im real life. Ich habe eine tolle Frau kennengelernt, wir waren uns ultimativ sympathisch. Bis zu meinem Outing.
Toll, schön – «aber du hast ja MS». «Und? Du kennst mich jetzt, und kennst meine Einschränkungen.» «Ja, das passt, …aber was, wenn mal was wäre?» Ich: «Wenn du einen Gesunden heiratest, kann der morgen plötzlich auch einen Hirntumor haben. Und du kannst vom Bus überfahren werden.» Sie: «Ja, aber… was, wenn mal was ist?».
Es ist die Angst, vor dem was kommt, was die Zukunft bringt, was sie bringen k ö n n t e. Da schwingt mit, «deine Garantie ist abgelaufen», «Du hast keine Zukunft» und deshalb «Das mit uns hat keine Zukunft».
MS. Man hat diese zwei Buchstaben in seinem Leben. Oder wie ein Stigma auf der Stirn. Ich habe manchmal das Gefühl, ich könnte Rauchen, Saufen, Fremdgehen… alles kein Problem.
Aber MS? Nie, keine Chance… Das ist frustrierend. Ich würde umgekehrt ja auch nicht sagen, wenn ein Unglück oder eine Krankheit eintritt: «Oh, du hast jetzt Krebs. Kann ich dich bitte umtauschen?».
Oliver R. Lattmann