Das Leben mit Multipler Sklerose in Zeiten der Covid-19 Pandemie

Das Schweizer MS Register

Die Auswirkungen der gegenwärtigen Epidemie betreffen und beschäftigen uns alle. Personen mit MS, welche teilweise immunsupprimierende Medikamente erhalten, gelten als Risikopatienten für einen schlechteren Verlauf im Falle einer Infektion. Wie belastend ist die gegenwärtige Situation für MS-Betroffene, und wie gehen sie damit um? Diesen Fragen ist das Schweizer Multiple Sklerose Register zusammen mit den Kollegen und Kolleginnen der Psychiatrie und Neurologie der Universität Bern im Rahmen einer kurzen Spezialumfrage nachgegangen, welche seit Mitte April läuft.

Wie relevant das Thema «Covid-19» für MS-Betroffene ist, zeigt sich auch am aussergewöhnlich hohen Rücklauf der Umfrage (welche aus logistischen und zeitlichen Gründen leider nur per Internet verfügbar ist). Innerhalb von zwei Wochen haben 700 Personen geantwortet. Die Umfrage enthält unter anderem Fragen zum psychischen Wohlbefinden in der gegenwärtigen Situation, sowie offene Fragen zu den Veränderungen im eigenen Leben durch die Epidemie.

Ein Teil der betroffenen Personen gibt an, dass sie sich in der gegenwärtigen Situation einsam fühlt. Dies ist eine direkte Folge der Einschränkungen, denn von Sozialkontakten wird gegenwärtig abgeraten. Dies spiegelt sich auch in den Schilderungen der Betroffenen wieder. Die Mehrheit der Kommentare erzählen von eingeschränkten Sozialkontakten. Kommunikation per Internet und Telefon hilft, um mit geliebten Menschen in Kontakt zu bleiben. Aber viele Personen empfinden dies als keinen Ersatz für «echtes Zusammensein». Was mehrheitlich als positiv empfunden wird: durch Home Office und Schulschliessung sind viele Familien näher zusammen. Allerdings führt dies teilweise auch zu neuen Belastungen und Enge in der Wohnung.

Die grosse Mehrheit der betroffenen nehmen zwar die möglichen Risiken durch Covid-19 ernst und stellen sich entsprechend darauf ein, nicht alle leiden dabei aber unter grossen Ängsten, sich anzustecken. Bei einem Teil der Betroffenen ist diese Angst leider jedoch erheblich. Teilweise könnte dies damit zusammenhängen, dass einige Betroffene in Betrieben arbeiten, die auch während der besonderen Epidemielage geöffnet haben. Gleichzeitig ist es durch die Schliessung von therapeutischen Praxen (z.B. für Physiotherapie) gegenwärtig nicht mehr möglich, gewisse Therapien durchzuführen.

In einigen Einträgen spiegelt sich wieder, dass Betroffene (wie auch die allgemeine Bevölkerung) einen Umgang mit der gegenwärtigen Situation gefunden haben. Einige Schilderungen zeigen, dass die persönliche Situation nicht gross beeinflusst wird durch die aktuelle Corona-Epidemie. Zudem gibt es auch Berichte über positive Auswirkungen oder Veränderungen, wie zum Beispiel: «Tägliche Spaziergänge in der Natur tun mir gut und fördern mein körperliches Wohlbefinden».

Inwiefern sich die Situation generell für Betroffene von chronischen Krankheiten (z.B. Lungenkrankheiten) ändert, wird in einer neuen, digitalen Studie untersucht (www.flisbook.ch), welche ebenfalls von der Universität Zürich durchgeführt wird. Diese Studie ist kein Ersatz für das MS Register, sondern eine Ergänzung dazu. Das MS Register zusammen mit den KollegInnen der Psychiatrie und Neurologie der Universität Bern wird das Thema Covid-19 in den nächsten Monaten gezielt wieder für Personen mit MS aufgreifen.