Cliffhanger mit MS: Doris Rohner und Hermann Mönch

Wer ist Doris Rohner?  Wer ist Hermann Mönch? Beschreiben Sie sich in einem Satz, er darf gerne auch etwas länger sein…
Doris Rohner: Doris ist eine leidenschaftliche, zielstrebige Ovo-Cliffhangerin, die ganz nach dem Motto «nicht besser, aber länger», die Kletterwände mit Schabernack und einem Hauch von Ironie ins Staunen und in Schrecken versetzt.
Hermann Mönch: Ich bin 45 Jahre alt und habe im Jahr 2006 die Diagnose MS erhalten. Glücklich lebe ich mit meiner Familie in Zürich und arbeite weiterhin in einer grossen Firma, die Rücksicht auf mich und meine Erkrankung trägt. Ich habe schubförmig remittierende MS.

Mit welchen Symptomen der MS haben Sie im Alltag zu kämpfen?
D. R.: Die Spastik begleitet mich auf Schritt und Tritt, wobei ich das Tempo bestimme. Die Fatigue hat Ausdauer aber meine ist besser. Die Beinschwäche «retuschiere» ich gekonnt mit einer Gehhilfe.
H. M.: Mit der Fatigue, Uthoff Syndrom, Gang-Ataxie, Koordinationsstörungen, Gefühlstörungen (rechtsseitig), erhöhtem Muskeltonus, einer leichten kognitiven Beeinträchtigung.

Wie und wie stark beeinträchtigt Sie die MS bei Ihrem Sport?
D. R.: Die Spastik und fehlende Kraft in den Beinen schränken mich in der Beweglichkeit ein. Dadurch sind coole Moves eher schwierig für mich. Jedoch steckt in meinem Oberkörper ein kleiner Hulk, der einiges kompensiert und meine Cliffhanger-Qualitäten in Szene setzt. Oder einfach gesagt: Auch ein schöner Rücken kann entzücken.
H. M.: Die Bewegungen sind verlangsamt und nicht flüssig. Es besteht Misstrauen bei der gezielten Ausführung von Bewegungen.

Was bedeutet Ihnen die Teilnahme an dieser WM?
D. R.: Die WM ist mein Höhepunkt in meiner erst kurzen Kletterkarriere.  Warum? Nur dank der Olympischen Spiele im Sommer 2021 bin ich auf den Geschmack vom Klettern gekommen. Meine Zielstrebigkeit hat mich kurz darauf, via PluSport und quasi über Nacht, in ein noch nicht offiziell bestehendes Paraclimbing Nationalteam katapultiert. Man könnte in der Klettersprache auch sagen: Ein steiler Karriere-Aufstieg.
H. M.: Erfahrung zu sammeln und einen Einblick in die Welt des Kletterns zu erhalten.

Was ist Ihr Ziel?
D. R.: Mein grosses Ziel habe ich bereits erreicht: Trotz der MS an der WM teilzunehmen zu können. Damit möchte ich anderen Betroffenen Mut machen, dass, nebst den alltäglichen Herausforderungen, noch vieles möglich ist. Mit einem Einzug ins Finale würde das Ganze in echter Klettermanier noch getoppt werden.
H. M.: Spass zu haben und meine Leistung zu zeigen.

Würden Sie anderen MS-Betroffenen Klettern als Sportart oder für die Freizeit empfehlen?
D. R.: Das ist schon fast eine Fangfrage. Ich empfehle Klettern jeder und jedem, egal ob mit oder ohne MS. Lasst euch von der WM, insbesondere dem Paraclimbing, inspirieren und besucht ein Klettertraining für Menschen mit Special Effects. Ich verspreche euch, es besteht Kletter-Suchtgefahr.
H. M.: Ja, Klettern ist eine Leidenschaft. Man lernt dadurch über sich selbst und darüber hinaus.

Welche physischen/mentalen Voraussetzungen sollte man dazu mitbringen?
D. R.: Kurz und knapp beantwortet: Den Mut, etwas Neues auszuprobieren. 
H. M.: Einfach «probierä».

Kletterkurse bei der Schweiz. MS-Gesellschaft

Bilder: David Schweizer

Vom 1. – 12. August 2023 wird bei den Paraclimbing World Championships 2023 in Bern um Titel, Medaillen und die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris geklettert. Mit dabei im Schweizer Team: Die zwei MS-Betroffenen Doris Rohner und Hermann Mönch. Mit dabei als Patronatgeberin: Die Schweiz. MS-Gesellschaft.

Mehr Informationen über das Swiss Paraclimbing Team bietet das am Textende verlinkte Video - und weckt schon mal riesige Vorfreude auf ein mega Sport-Event.

Und hier auch noch der Link zur offiziellen Web-Seite der Climbing & Paraclimbing WM Bern 2023.

IFSC CLIMBING WORLD CHAMPIONSHIPS BERN 2023