7 Fragen an Karin Schär

MS-Geschichten

Zwei Dinge an der MS-Betroffenen Karin Schär sind besonders: An guten Tagen fühlt sich die (eigentlich)  39-Jährige, als sei sie 25. Und sie verspinnt die Wolle von Hunden - um damit nachhaltige Kleidungsstücke mit Erinnerungswert zu stricken. 

 

 

Wer ist Karin Schär in einem Satz (er darf gerne länger sein)?
Eine fröhliche, kreative, naturverbundene, tierliebende Spinnerin - ja so nennen wir Handspinnerinnen uns wirklich, doch da ist auch die andere Seite an Karin Schär, die nachdenkliche, oft erschöpfte und in sich gekehrte Seite, die wohl hauptsächlich der MS geschuldet ist.

Seit wann und wie beeinflusst die MS dein Leben?
Im September 2015 habe ich die Diagnose MS erhalten, seither ist nichts mehr, wie es vorher einmal war. Ein Ärztemarathon und viele MS-Schübe folgten, bis endlich ein passendes Medikament als Basistherapie gefunden wurde. Seither ist mein Zustand recht stabil. Einschränkungen spüre ich jedoch täglich, weshalb ich mein Arbeitspensum stark reduzieren musste. Aufgrund dreier Schübe, die meine Sehnerven stark trafen, habe ich Einschränkungen, welche die Augen betreffen. Was mich am meisten einschränkt, ist die Fatigue, die nebst der kaum erträglichen Erschöpfung auch kognitive Folgen hat. Aber da sind auch die guten Tage, an denen ich im Garten arbeiten kann, stundenlang mit meinem Hund draussen bin,... Generell ist es so, dass ich mir meine Tage gut einteilen und Pausen einplanen muss. So habe ich mich mit der MS arrangiert und mein Alltag klappt ganz gut.

Karin, du strickst, was als Hobby einigermassen selten anzutreffen ist. Und was dich extrem rar macht, du verwendest Hundehaare als Rohmaterial, die du verspinnst. Wie bist du auf die Idee mit den Hundehaaren gekommen? Gibt es da keine hygienischen Bedenken? Andere Ressentiments, mit denen man sich auseinander setzen muss?  
Handspinnen ist für mich pure Meditation, die mir in schwierigen Zeiten Ruhe und Achtsamkeit schenkt. Ich wusste, dass früher Hunde- und Wolfshaare versponnen wurden, aufgrund ihrer tollen Eigenschaften (wasserabweisend, Hohlraum im Haar - und somit sehr wärmespendend und -ausgleichend). Mein alter Berner Sennenhund hatte tolle Unterwolle, die ich regelmässig ausbürstete und sackweise entsorgt habe. Irgendwann dachte ich, es sei doch viel zu schade diese Ressource wegzuwerfen, habe die Haare gewaschen und versponnen. Und siehe da, die Wolle ist wunderbar kuschelig weich! Und mittlerweile ein unbezahlbares Andenken, nachdem unser Hund im letzten Jahr verstorben ist. Nun habe ich warme Pulswärmer, die sich nach ihm anfühlen und mir die Trauer um ihn ein wenig erleichterten.

Nach und nach kamen andere Hundehalter auf mich zu, die auch so ein Andenken haben wollten. Immer wieder spannend ist es dabei für mich zu sehen, wie unterschiedlich die Fellarten zu verspinnen sind. Hygienische Bedenken gibt es da keine, die Wolle wird von mir vor dem Verspinnen gewaschen. Und nein, die Hundewollmütze stinkt auch nicht, wenn sie nass wird! Versponnen werden kann grundsätzlich jedes ausgebürstete Hundehaar oder auch andere Tierhaare ab ca. 4 Zentimeter Länge. Abgeschnittene Haare sollten nicht versponnen werden, das wird zu pieksig.

Nachhaltigkeit ist dir sehr wichtig. Wie setzt du das im Alltag um?
Generell versuche ich viele Nahrungsmittel unverpackt, auf dem Markt und direkt beim Bauern einzukaufen, benütze harte Seifen zum Duschen (kein Mikroplastik), kaufe wenn immer möglich Secondhand Kleider, Schuhe oder Alltagsgegenstände, fahre viel ÖV oder Velo, flicke Kleider anstatt sie wegzuwerfen (#KleiderReha), versuche meinen Garten möglichst naturfreundlich wachsen zu lassen,... Es gibt noch viel Luft nach oben, aber ich bleibe dran. Es gibt nur eine Erde und mir ist es wichtig, dass ich meinen möglichen Beitrag zum Umweltschutz und zur Bekämpfung des Klimawandels leiste.

Vor Weihnachten machen immer die Bilder von – sagen wir mal, eigenwillig - gestrickten und gestalteten Pullovern die Runde. Ist dir schon einmal etwas total misslungen?
Ja immer wieder! Mir kommt da so einiges in den Sinn. Das lustigste ist aber ein Hündchen, das ich mal für meine Nichte gehäkelt habe. Als ich es meinem Mann gezeigt habe, haben wir uns beide vor Lachen gekrümmt! Es sah aus wie eine Mischung aus ALF, Hund, Gremlin und Quasimodo.

Als kleines Kind, hast du dir einen weissen, fluffigen Hasen mit blauen Augen gewünscht... Dann wurde der Kindheitstraum diesen Juni tatsächlich Realität. Hast du noch 3 offene Wünsche (aus der Kindheit oder generell), die zu erfüllen wären?
Nur drei!? Noch einmal Angkor Wat und die berührenden Menschen in Kambodscha zu erleben. Einen ganzen Tag und eine Nacht ohne Fatigue oder andere MS-Beschwerden (ich würde mit meinem Mann sowas von Party machen gehen!). Dass unsichtbare Krankheiten von Mitmenschen nicht in Frage gestellt werden - das würde meinen Alltag und den von vielen Betroffenen extrem erleichtern.

Dein Lieblingsplatz ist im Garten am Teich. Welche 3 Orte in der Schweiz sind dir sonst noch wichtig und wertvoll?  
Das Stockhorn, es ist für mich ein echter Kraftort und einfach wunderschön mit seinen Seen. Die Teufelsschlucht in Hägendorf, immer einen Ausflug wert, besonders im Winter wenn es überall Eiszapfen hat. Und das Kaninchengehege in unserem Garten… unsere Kaninchen sind so lustig und zaubern jedem ein Lächeln ins Gesicht.

Mehr über Karin Schär, wo sie sich pudelwoll fühlt.