Über die medizinischen Gutachten der IV

Fachartikel

In der Presse erscheinen regelmässig kritische Artikel über die medizinischen Gutachten, die von der IV teilweise trotz bestehendem Arztbericht zusätzlich verordnet werden. Im Folgenden sollen die Hintergründe dieser IV-Gutachten beleuchtet und es soll aufgezeigt werden, wie MS-Betroffene bei der Beantragung einer IV-Rente oder nach der Beurteilung durch den IV-Gutachter vorgehen können.

Vorweg kann man sagen: Die Anordnung eines interdisziplinären Gutachtens durch die IV – welche damit indirekt die Aussagen der jeweiligen Hausärzte oder Neurologen infrage stellt – betrifft nur eine Minderheit der Antragssteller. Aber die, die es trifft, trifft es meistens umso härter. Sie fühlen sich in ihrer Glaubwürdigkeit in Frage gestellt und verunsichert. Für die Betroffenen ist zudem kaum nachvollziehbar, dass die Aussagen der Ärzte, die sie oft über Jahre hinweg behandelt und begleitet haben, von der IV angezweifelt werden. Und dass gleichzeitig eine auf einige Stunden reduzierte Untersuchung durch unbekannte Ärzte schlussendlich die Situation der Betroffenen fundiert einschätzen soll. Es entstehen durchaus berechtigte Fragen, beispielsweise: Wie können Gutachter das schwer messbare Fatigue-Syndrom überprüfen und dessen Tragweite einschätzen? Warum ist ein Psychiater anwesend? Fehlende Erklärungen seitens der IV und die anhaltende Ungewissheit bei Anordnung eines Gutachtens können MS-Betroffene stark belasten.

Weshalb ein Gutachten?

Angesichts der bereits dokumentierten Krankengeschichte von MS-Betroffenen drängt sich die Frage auf: Weshalb ordnet die IV überhaupt Gutachten an? Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Oft sind nicht eindeutige ärztliche Berichte mit vielen konjunktiven Formulierungen oder widersprüchlichen ärztlichen Berichten die Ursache. Die Anordnung eines Gutachtens seitens der IV hat deshalb nichts mit Willkür zu tun, sondern ist meistens in mangelhaften Entscheidungsgrundlagen begründet. Ein Kritikpunkt könnte indes sein, dass die Gutachter bis anhin ihre allfällig abweichende Meinung gegenüber den behandelnden Ärzten nicht erwähnen, geschweige denn begründen müssen.

Vollständig und präzise formuliert

Für Betroffene gibt es durchaus Wege, der Anordnung eines medizinischen Gutachtens vorzubeugen, angefangen beim präzisen Ausfüllen des IV-Anmeldungsformulars: Der behandelnde Neurologe sollte über die Absicht der Anmeldung unbedingt im Voraus informiert werden und es ist empfehlenswert, seine Einschätzung zu kennen. Überdies ist es hilfreich, die ärztlichen Berichte zu verlangen und mit dem Arzt gemeinsam zu besprechen, bevor sie der IV zugestellt werden. Das Ziel sollte sein, vollständige und eindeutig formulierte Unterlagen einzureichen.

Mithilfe der MS-Gesellschaft vorbeugen

Die Sozialberatung der Schweiz. MS-Gesellschaft steht bei der Beantragung einer IV-Rente jederzeit als fachliche Unterstützung zur Verfügung. Je früher diese Hilfe in Anspruch genommen wird, desto umfassender kann die Beratungsleistung wirken. Zwar gibt es keine Garantie, dass durch die Unterstützung der Sozialberatung ein von der IV angeordnetes Gutachten verhindert werden kann. Doch die Erfahrung zeigt, dass Missverständnisse und unerwünschte Entwicklungen oft rechtzeitig vermieden werden können. Die Dienste der Sozialberatung der MS-Gesellschaft können auch nach einem negativen Entscheid der IV in Anspruch genommen werden, um die IV-Akten gemeinsam zu besprechen und nach möglichen Unklarheiten zu suchen. Je nach Situation kann ein Einwand sinnvoll sein, der fristgerecht eingereicht werden muss (innerhalb von 30 Tagen).