Tierisch gute Freunde: Désirée & Kiwi
Bis dahin arbeitete ich Vollzeit im Gastgewerbe im Service. Danach musste ich mein Pensum reduzieren. Nach einem kleineren und Anfangs 2016 einem sehr heftigen Schub konnte ich leider nicht mehr in die Arbeitswelt zurückkehren.
Ich habe mich sehr langsam, Schritt für Schritt erholen müssen und mich mit der neuen Situation zurechtfinden. Aber in erster Linie war ich glücklich, dass es aufwärts ging. Ich freute mich täglich an Kleinigkeiten. Mittlerweile gehe ich einmal in der Woche einer freiwilligen Arbeit nach, das sind nur 1 bis 2 Stunden, aber ich kann selber entscheiden, wann es für mich passt, je nach Tagesform.
Und wer ist dein «tierischer Freund»?
Mein tierischer Begleiter heisst Kiwi und ist ein Mischlingshund (Yorkshire Terrier/Papillon/Chihuahua). Sie ist mittlerweile schon 6,5 Jahre alt und bringt nebst meinem Freund die Tagestruktur in mein Leben ohne Arbeit.
Wie habt ihr zueinander gefunden?
Ich wollte schon immer einen Hund. Aber voll berufstätig hätten wir nicht die nötige Zeit für einen Hund gehabt. Nach der Diagnose musste ich zuerst mit der Umstellung klarkommen und für mich lernen, die Energie einzuteilen. Als dann der Hund unserer Nachbarin 2015 Welpen bekam, schien es für uns als ein Zeichen, jetzt ist die richtige Zeit dafür. Wir konnten von Anfang an alles mitverfolgen und kennen Kiwi von ihrem ersten Tag an.
Wirkt sich dein Tier positiv auf deinen Alltag mit Multipler Sklerose aus? Welche körperlichen und psychischen Vorteile bringt dir euer Zusammenleben?
Kurz nachdem Kiwi bei uns eingezogen war, hatte ich meinen grossen Schub, der mich total lahmgelegt hat. Zum Glück hatten wir mit unserer Nachbarin von Anfang an abgemacht, dass sie uns jederzeit hilft und Kiwi zu sich nimmt, sollten wir in die Ferien gehen, mal keine Zeit haben oder wenn es mir mal gesundheitlich nicht gut geht. Deshalb schaute sie während dieser Zeit wieder vermehrt zu ihr. Zuerst dachte ich, dass dies der schlechteste Zeitpunkt war, sich einen Hund anzuschaffen. Im Nachhinein kann ich sagen, es war der perfekte.
Deshalb kann ich auch sagen, dass ein Hund definitiv eine positive Auswirkung hat auf den Körper und die Psyche. Sie half mir aus meinem Tief, sie gab mir einen Grund, morgens aufzustehen, zwang mich an die frische Luft zu gehen, mich zu bewegen und half mir, nicht aufzugeben. Auch heute noch kann ich bestätigen, dass sie einen positiven Einfluss hat. Ich bin mir sicher, dass ich, unter anderem, auch dank ihr so stabil bin mit meiner MS. So gehen wir täglich spazieren, sind in der Natur, besuchen eine Hundeschule und es ergeben sich unterwegs Gespräche mit fremden Leuten.
Gibt es auch Probleme, Sorgen?
Sorgen gibt es bezüglich Hund und meiner MS für mich keine. Sie hat sich daran gewöhnt, dass jeder Tag anders sein kann. Mal fällt der Spaziergang grösser aus, mal stehen wir später auf, mal ist der Tag eher ruhig, weil sie länger alleine zuhause bleiben muss, oder sie ist auch mal bei meiner Mutter. Kiwi ist sehr flexibel. Wenn ich mir meine Kräfte falsch einteile, kann es sein, dass ich müde bin und Kiwi aber noch nicht draussen war. Dann muss ich halt trotzdem noch eine Runde mit ihr drehen. Das sind die einzigen Momente, die dann schwieriger sind für mich. Deshalb musste ich lernen, besser zu planen, aufzuhören mit einer Beschäftigung, bevor die Batterie leer ist, oder nach Hilfe zu fragen, damit ich mir nicht selber zu viel Stress mache.
Kannst du anderen MS-Betroffenen (d)ein Haustier empfehlen?
Bevor man sich ein Haustier anschafft, egal welcher Grösse, muss man sich über einige Dinge Gedanken machen. Hat man die Zeit, das Geld, wer schaut, wenn ich keine Zeit habe, usw. Wenn man selber noch eine körperliche Beeinträchtigung hat, muss man sich einfach noch mehr mit dem Thema auseinandersetzen.
Nach meiner Erfahrung, mit meinem Umfeld und meinem MS Verlauf, war es die beste Entscheidung. Ich kann es nur empfehlen, sich einen tierischen Freund an seine Seite zu holen.