Jubiläumsausgabe des MS State of the Art Symposiums

State of the Art

Am 28. Januar 2023 fand das jährliche «MS State of the Art Symposium» der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft zum 25. Mal statt. Die Jubiläumsausgabe der Veranstaltung bot neben wissenschaftlichen Vorträgen auch einen würdigen Rahmen für die Verleihung des ersten Forschungspreises der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft. 

Nach zwei virtuellen Durchführungen konnte die 25. Ausgabe des MS State of the Art Symposiums wieder wie gewohnt im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL) stattfinden. Zahlreiche Fachleute und Interessierte nutzten die willkommene Gelegenheit zur Weiterbildung und zum persönlichen Austausch, so dass Dr. Christoph Lotter, Co-Direktor der Schweiz. MS-Gesellschaft, die Veranstaltung vor einem gut gefüllten Auditorium eröffnen konnte. Prof. Dr. Peter Sandor, Präsident der Schweizerischen Neurologischen Gesellschaft, wies in seinem Grusswort darauf hin, wie sehr sich die Auswirkungen einer MS auf das Leben der betroffenen Personen in den letzten 25 Jahren verändert haben. Im Gegensatz zu früher bedeute eine MS heute nicht mehr, dass alle Lebensträume aufgegeben werden müssen, sagte er.

Epstein-Barr-Virus als Hauptursache für MS

Das wissenschaftliche Programm startete mit dem Vortrag von Prof. Dr. Alberto Ascherio (Harvard T.H. Chan School of Public Health, Boston, USA), einem international anerkannten Experten auf dem Gebiet der MS. Aktuell hat er in einer Langzeitstudie anhand von über 62 Mio. Blutproben von über 10 Mio. Angehörigen der amerikanischen Armee die Rolle des Epstein-Barr-Virus (EBV) bei der Entstehung der MS untersucht. Eine Ansteckung mit EBV erfolgt in der Regel schon im Kindesalter und verläuft meist ohne Symptome. Bei Jugendlichen und Erwachsenen dagegen kann eine Ansteckung zum Pfeifferschen Drüsenfieber führen. Prof. Ascherio konnte zeigen, dass eine EBV-Infektion eine Hauptursache für MS darstellt, stieg doch das MS-Risiko nach einer Infektion mit EBV um das 32-fache an, nicht aber nach einer Infektion mit anderen Viren.

Langzeitdaten zur Verbesserung der Behandlung

Prof. Dr. Cristina Granziera und Prof. Dr. Jens Kuhle (beide Universitätsspital Basel) stellten die 2012 gegründete Schweizer MS Kohorte (SMSC) vor, an der acht Schweizer MS-Zentren beteiligt sind. In die SMSC wurden bisher die halbjährlich oder jährlich erhobenen Daten von 1'578 MS-Betroffenen aufgenommen. Damit stellt sie eine der grössten klinischen MS-Forschungsdatenbanken ihrer Art in Europa und Nordamerika dar. Wie die beiden Vortragenden aufzeigten, können sie nun klinische Parameter, Befunde bildgebender Verfahren und Resultate von Blutproben-Analysen dazu einsetzen, den Verlauf der Erkrankung langfristig zu dokumentieren und auszuwerten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dazu beitragen, diagnostische und therapeutische Verfahren für eine verbesserte medizinische Behandlung der MS-Betroffenen im klinischen Alltag zu entwickeln. Das Projekt der SMSC wird seit Beginn von der Schweiz. MS-Gesellschaft finanziell gefördert.

Enorme Fortschritte in Diagnose und Behandlung erzielt

Prof. Dr. Andrew Chan (Inselspital Bern) zeigte in seinem Referat auf, welche enormen Fortschritte in Bezug auf Diagnostik und Therapie in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der MS erzielt wurden. Während es Anfang der 1990er-Jahre nur wenige Medikamente gab, die allesamt gespritzt werden mussten, ist die Zahl der zugelassenen Therapien mittlerweile deutlich angestiegen. Die Behandlung ist zugleich aber auch deutlich komplexer geworden, können doch die neueren Therapien auch mit zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen einhergehen, mit denen die Neurologinnen und Neurologen bisher kaum konfrontiert waren. Prof. Chan wies zudem darauf hin, dass weiterhin offene Fragen bestehen, an deren Beantwortung Betroffene, Patientenorganisationen, Forschende, medizinische Fachpersonen und die Industrie weiterhin gemeinsam arbeiten müssen.

Erster MS-Forschungspreis verliehen

Den krönenden Abschluss der Vormittagsprogramms machte die Verleihung des ersten Forschungspreises der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft. Den mit 100'000 Franken dotierte Preis gewannen Prof. Dr. Jens Kuhle und Prof. Dr. Tobias Derfuss (beide Universitätsspital Basel und Mitglieder des Medizinisch-wissenschaftlichen Beirats der Schweiz. MS-Gesellschaft). Mit dem Preis werden Forschungspersönlichkeiten geehrt, die auf dem Gebiet der MS bahnbrechende Erkenntnisse gewinnen konnten. Das Preiskomitee 2023 war sich einig, dass die beiden Gewinner mit ihren aussergewöhnlichen Beiträgen zur MS-Forschung und mit ihrem grossen Engagement für MS-Betroffene herausragende Arbeit leisten. Dank Forschern wie ihnen dürfen MS-Betroffene Hoffnung haben, dass Multiple Sklerose in Zukunft kein lebensbestimmendes Schicksal mehr sein muss, sondern immer besser behandelt werden kann.

Vier Themenworkshops

Das Nachmittagsprogramm des Symposiums beinhaltete vier Themenworkshops. Prof. Dr. Myrta Kohler (Ostschweizer Fachhochschule und Kliniken Valens) und Prof. Dr. Viktor von Wyl (Universität Zürich) diskutierten mit den Teilnehmenden ihres Workshops über das Thema der digitalen Technologien als mögliche Lösungen für Menschen mit MS und Fachpersonen. Im Workshop von Dr. Johanna Oechtering (Universitätsspital Basel) und Dr. Axel Regeniter (Medica Laboratorien Zürich) ging es um Grundlegendes und Neuigkeiten bei der Analyse von Proben der Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor) von Personen mit MS.

Der Workshop von Prof. Dr. Pasquale Calabrese (Universität Basel) und PD Dr. Anke Salmen (Inselspital Bern) behandelte das Thema «Integrative Pflegekonzepte bei MS – Was brauchen die Patienten neben der medizinischen Behandlung?». Prof. Dr. Cristina Granziera (Universitätsspital Basel) und Prof. Dr. Maria Isabel Vargas Gomez (Universitätsspital Genf) schliesslich befassten sich in ihrem Workshop mit dem Einsatz moderner bildgebender Methoden.

Die Schweiz. MS-Gesellschaft dankt den Sponsoren AsFam für pflegende Angehörige, Rehaklinik Zihlschlacht AG, Berner Klinik Montana, heimelig betten AG, dem Medienpartner brainMag (medEdition) und dem Kooperationspartner Schweizerische Neurologische Gesellschaft herzlich für die Unterstützung des MS State of the Art Symposium 2023.

In Kürze werden auf dieser Website laienverständliche Zusammenfassungen der Vorträge und Workshops publiziert.

Das nächste «MS State of the Art Symposium» findet am Samstag, 27. Januar 2024 im KKL Luzern statt.