Grundlagenforschung als Basis für zukünftige Therapieansätze

Fachartikel

Die Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft unterstützt Forschungsprojekte auf dem Gebiet der MS mit erheblichen Mitteln. Verschiedene dieser Projekte befassen sich mit grundlegenden Mechanismen der Erkrankung, zum Beispiel auf der Ebene der verschiedenen beteiligten Zelltypen. Erkenntnisse, die so gesammelt werden, können womöglich zur Entwicklung neuer Therapien beitragen.

Für die schubförmig verlaufende Phase einer MS gibt es mittlerweile viele Medikamente, welche Erkrankungsschübe meist verhindern können. Das Voranschreiten der Schäden an den Nervenzellen im Gehirn bei der progressiven Phase der Erkrankung kann medikamentös jedoch kaum beeinflusst werden. Um mögliche Ansatzpunkte für die Entwicklung von Medikamenten identifizieren zu können, ist es daher wichtig, die Mechanismen besser zu verstehen, die der progressiven MS zugrunde liegen.

Dr. Donatella De Feo, Dr. Florian Ingelfinger und Dr. Sarah Mundt von der Universität Zürich konnten mithilfe eines Mausmodells für progressive Multiple Sklerose zeigen können, dass zwei Arten von Fresszellen, so genannte dendritische Zellen und Monozyten, direkt am Voranschreiten des Nervenzelluntergangs beteiligt sind.

In einem nächsten Schritt fanden sie heraus, dass Monozyten, die aus dem Blut ins Gehirn einwandern, einen Botenstoff ausschütten, der zur Entzündung im Gehirn beiträgt. Im Gehirn ansässige Fresszellen produzierten den Botenstoff dagegen nicht. Diese Beobachtung kann für die zukünftige Entwicklung von Medikamenten zur Hemmung dieses Botenstoffs von Bedeutung sein. 

Video «Nervenzelluntergang bei der progressiven MS: Welche Rolle spielen lokale Fresszellen?»

Dr. Samuel Jones von der Universität Lausanne hat im Rahmen seiner Forschungen ein besonderes System der «Co-Kultur» von Zellen entwickelt. Dieses erlaubt ihm, Zellen des Immunsystems und Zellen aus dem zentralen Nervensystem von MS-Betroffenen gemeinsam zu untersuchen. Er möchte auf diese Weise feststellen, ob und welche Unterschiede es bei den Zellen des Immunsystems zwischen MS-Betroffenen und Gesunden gibt.

Zudem hofft er aufdecken zu können, welche Strukturen auf der Oberfläche der Nervenzellen von MS-Betroffenen von den Immunzellen gezielt angesteuert und angegriffen werden.

Die Forscherin Vasileia Kalaitzaki, Universitätsspital Zürich, befasst sich mit den komplexen Grundmechanismen, die dazu führen, dass das Immunsystem bestimmte Komponenten des zentralen Nervensystems toleriert, die, wenn sie fälschlicherweise angegriffen werden, zur Entstehung von MS beitragen können. Dabei hat ihre Gruppe herausgefunden, dass sich das Immunsystem so verändern kann, dass es diese Komponenten, die es zuvor angegriffen hat, toleriert.

Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse konnte bereits ein erster Therapieansatz für MS entwickelt werden. Weitere Forschungen zu den Mechanismen, die an der Entstehung einer solchen Immuntoleranz beteiligt sind, sollen nun helfen, den Therapieansatz weiter zu verfeinern.