Erfahrungen von Betroffenen während des Corona-Lockdowns

Das Schweizer MS Register

Nach einer kurzen, ruhigen Phase im Sommer, mit tiefen Fallzahlen, steht seit einiger Zeit das Coronavirus wieder stärker im Fokus. Wie sich die Situation entwickeln wird, wissen wir nicht. Aber die gesammelten Erfahrungen aus dem Frühjahr 2020 können helfen, mit der Situation besser umzugehen. 

Das Schweizer MS Register hat seit Anfang April 2020 im Rahmen einer Zusatzumfrage zu Corona per Internet 862 MS-Betroffene aus der ganzen Schweiz zum Thema befragt. Diese Umfrage wurde gemeinsam mit dem Inselspital Bern und der Psychiatrischen Uniklinik Bern durchgeführt. Darin enthalten war auch eine offene Frage, wie das Coronavirus die aktuellen Lebensumstände beeinflusst. Diese Kommentare, welche überwiegend aus der Zeit des Lockdowns stammen, wurden nun mit Instrumenten der Textanalyse systematisch ausgewertet. Zur Entwicklung der Analysemethode haben MS-Betroffene des «Register-Boards» wichtige Beiträge geleistet.

So wurde vorgegangen

Als erstes wurden über alle Einträge die häufigsten Schlüsselwörter gesucht und aufgelistet. Wenig überraschend wurden die Stichworte «Kontakt», «Besorgungen», «Arbeit», «Zuhause» und «Familie» am häufigsten genannt. Bereits diese einfache Analysemethode erlaubt erste Rückschlüsse auf die damalige Situation. Die Vorsichtsmassnahmen gegen das Coronavirus griffen stark in den Alltag ein. Kontakte wurden eingeschränkt, viele Personen mussten Umstellungen bei der Arbeit vornehmen und blieben zuhause im Homeoffice.

Durch die Auszählung von positiven und negativen Schlüsselwörtern lassen sich Schlüsse über den emotionalen Ton der Einträge ziehen. Geben diese eher eine positive oder negative Stimmung wieder? Wie zu erwarten, schwangen bei fast zwei Dritteln (68%) der Einträge eher negative Emotionen mit. Die Situation im Lockdown war schwierig und brachte viele Einschränkungen und Umstellungen mit sich. Bei 26% der Einträge überwogen jedoch positive Emotionen. Das stärkere Zusammenrücken und der grössere Fokus auf die Familie wurde beispielsweise als positiv empfunden.

Vier thematische Blöcke als Ergebnis

Im letzten Analyseschritt wurden diese Ergebnisse zusammengeführt und «Themenblöcke» gesucht. Tatsächlich liessen sich die Einträge grob in vier Gruppen einteilen (wobei 19% der Einträge nicht zugeordnet werden konnten). Als grössten Themenblock wiesen 22% der Einträge Bezüge zu Arbeit (Stichwort «Homeoffice») auf.

Am zweithäufigsten konnten die Einträge dem Themenblock «fehlende Kontakte» zugeordnet werden. Bei der grossen Mehrheit dieser Einträge schwangen negative Emotionen mit: Fehlende Kontakte wurden als Belastung wahrgenommen.

Der dritte Themenblock betraf das «Soziale Umfeld» (häufige Stichworte «Partner», «Familie» oder «Zuhause») und umfasste 19% der Einträge. Interessanterweise hielten sich bezüglich Häufigkeit die positiven und negativen Emotionen ungefähr die Waage. Der engere Bezug auf die Familie wurde häufig als positiv angesehen, kann aber mitunter auch belastende Seiten aufweisen.

Als vierten Block konnten 18% der Einträge dem Thema «Änderung der Kommunikation» zugeordnet werden (Stichworte «Telefon», «Online-Kommunikation»). Diese Einträge berichten davon, wie Betroffene auch auf Distanz mit ihnen nahestehenden Personen Kontakt hielten. Interessanterweise hatte die Mehrheit (58%) der Einträge einen positiven Unterton, denn Telefon und Internet halfen dabei, die physische Distanz zu überbrücken.

Fazit

Die ausgewerteten Erfahrungen zeigen eindrücklich, wie Betroffene sich an die neue Situation anpassen konnten. Natürlich war dies nur eine Momentaufnahme der damaligen Situation vom Frühjahr 2020, und mit zunehmender Dauer der Pandemie können sich viele Aspekte der Lebenssituation nochmals verändert haben.

Deshalb wird das Schweizer MS Register in den nächsten Monaten die Zusatzumfrage zum Thema Coronavirus wiederholen. Die neu entwickelten Textanalyse-Methoden werden dabei helfen, den Puls der Betroffenen noch zeitnaher zu spüren.

Konkrete Unterstützungsangebote und unverbindliche, vertrauliche Beratungen für Angehörige und Nahestehende bietet die kostenlose <link de unsere-angebote ms-infoline>Infoline der MS Gesellschaft an:
Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr: MS-Infoline 0844 674 636


Alle interessierten Angehörigen und Nahestehenden von MS-Betroffenen, welche noch nicht beim MS Register dabei sind, finden hier weitere Informationen über das MS Register und über die ersten Schritte zur Anmeldung:

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