EBV-Antikörper gehen frühen Anzeichen einer MS voraus

ECTRIMS

Neue Daten zeigen, dass einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) bei Menschen, die später an Multipler Sklerose (MS) erkrankten, ein Anstieg des sogenannten NfL-Biomarkers folgte.

NfL (Neurofilament-Leichtkette) ist ein früher Biomarker für Nervenzellschäden. Ein Anstieg der NfL-Werte, von dem man annimmt, dass er dem klinischen Ausbruch von MS vorausgeht, wurde etwa 5 bis 10 Jahre vor dem Ausbruch der Krankheit beobachtet. EBV-Antikörper wurden hingegen bereits 10 bis 15 Jahre vor dem Ausbruch in hohen Konzentrationen nachgewiesen. Bei den wenigen Personen, die keine EBV-Antikörper entwickelt hatten, bevor sie an Multipler Sklerose erkrankten, wurden keine erhöhten NfL-Werte nachgewiesen.

Dies war Thema eines Vortrags, der auf dem Kongress des Europäischen Komitees für die Behandlung und Erforschung der Multiplen Sklerose (ECTRIMS) gehalten wurde. «Wir sind der Auffassung, dass dies die Theorie der EBV-Infektion als einer möglicherweise notwendigen Voraussetzung für die Entstehung von MS bekräftigt», erklärte Daniel Jons von der Universität Göteborg, Schweden, in seinem Vortrag.

EBV hat sich in letzter Zeit als eine der Hauptursachen für MS herausgestellt. Antikörper gegen das Virus, die auf eine frühere Infektion hindeuten, sind bei praktisch allen MS-Betroffenen vor dem Ausbruch der neurodegenerativen Erkrankung nachweisbar.

Anfang dieses Jahres zeigte eine bahnbrechende Studie, an der mehr als 10 Millionen Angehörige des US-Militärs teilnahmen, dass eine vorausgegangene EBV-Infektion das Risiko, an MS zu erkranken, um etwa das 32-fache erhöht.

Die Studie zeigte ausserdem, dass die NfL-Werte im Blut von Menschen anstiegen, die später an MS erkrankten. Dies geschah allerdings erst, nachdem sie mit dem EBV infiziert worden waren, was die EBV-Infektion als einen wahrscheinlich notwendigen, aber nicht ausreichenden Faktor für die Entwicklung von MS belegt.

Blutproben geben Aufschluss

Um mehr über den Zeitpunkt der EBV-Infektion und den Anstieg der NfL-Werte zu erfahren, untersuchten Jons und sein Team Blutproben, die im Laufe der Zeit bei Personen entnommen wurden, bei denen später schubförmige MS diagnostiziert wurde.

Die Personen wurden aus dem schwedischen MS-Register ausgewählt, das mit den sechs schwedischen Biobanken kooperiert. In die Analyse wurden Personen einbezogen, bei denen vor dem Auftreten von MS-Krankheitssymptomen eine Blutprobe entnommen wurde.

Schliesslich wurden 669 Personen identifiziert und in Bezug auf Biobankstandort, Geschlecht, Alter und Entnahmezeitpunkt mit einer gleichen Anzahl von gesunden Personen abgeglichen, deren Blutproben ebenfalls analysiert wurden.

Personen, bei denen MS noch nicht ausgebrochen war, waren zum Zeitpunkt der Blutentnahme im Median 25 Jahre alt, die Blutproben wurden im Median neun Jahre vor dem Ausbruch der MS entnommen.

Die Forscher bestimmten die Antikörperspiegel gegen zwei EBV-Proteine: EBNA1, das in einer älteren oder schlummernden Form des Virus vorkommt, und gp350, das häufiger in aktiven Formen zu finden ist.

Höhere NfL-Werte nach EBV-Infektion

Die Ergebnisse zeigten, dass Anti-EBNA1-Antikörper bei Personen, bei denen MS noch nicht ausgebrochen war, im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen etwa 10 bis 15 Jahre vor dem klinischen Ausbruch der MS deutlich erhöht waren. Die Daten für gp350 zeigten ein ähnliches Bild über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren, erklärte Jons.

Die NfL-Werte stiegen jedoch erst nach den erhöhten EBV-Antikörper-Werten an. Die NFL-Werte zeigten etwa 5 bis 10 Jahre vor dem Ausbruch der MS signifikante Erhöhungen und stiegen stetig an, je näher der klinische Ausbruch rückte.

Es wurden keine allgemeinen Korrelationen zwischen NfL-Werten und EBV-Antikörpern beobachtet. Das Team stellte jedoch fest, dass bei den 7 % der Personen die später eine MS bekamen, aber nie EBV-Antikörper entwickelt hatten, keine erhöhten NfL-Werte nachgewiesen wurden.

«Wir haben in der kleinen EBV-negativen Gruppe keine Anzeichen für eine beginnende Schädigung der Nervenfasern gefunden», sagte Jons und stellte dann fest, dass «diese Gruppe jedoch klein und jünger sei als die EBV-positive Gruppe».

Nach Bereinigung um Alter und Gruppengrösse zeigten die Daten, dass 8 % der EBV-positiven Personen einen höheren NfL-Wert aufwiesen als der höchste in der EBV-negativen Gruppe gemessene Wert. Dies zeige, dass «sich Proben mit hohen NfL-Werten auf die EBV-positive Gruppe konzentrieren», so Jons.

Nur bei neun Personen konnten in den letzten 10 Jahren vor dem klinischen Ausbruch der MS keine EBV-Antikörper nachgewiesen werden.

Alles in allem untermauern diese Ergebnisse die Theorie, dass EBV den ersten Anzeichen von MS vorausgeht. «Zusammen mit seinen biologischen Eigenschaften bestätigt diese zeitliche Abfolge die Rolle von EBV als Auslöser von MS», so die Forscher in ihrem Bericht.

Diese Ergebnisse wurden im Rahmen von «ECTRIMS 2022» vorgestellt. Der MS-Kongress fand vom 26. bis 28. Oktober 2022 virtuell und live in Amsterdam statt.

Quelle: Multiple Sclerosis News Today, #ECTRIMS2022 – EBV Antibodies Precede Early Nerve Damage Signs, von Lindsay Shapiro, PhD, 28. Oktober 2022