Fanny Bräuning, wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Dokumentarfilm über Ihre Eltern zu drehen?
Vor 20 Jahren lag meine Mutter eine Woche lang im Koma und wachte danach fast vollständig gelähmt auf. Da entschied ich mich, einen Kurzfilm über sie und diese schwierige Zeit zu drehen. Danach war das filmisch für mich erstmal kein Thema mehr. Als dann über die Jahre immer mehr Leute auf die Lebenssituation meiner Eltern reagierten, entstand die Idee, einen weiteren Film zu drehen. Dabei hat mich die Beziehung der beiden interessiert, der gemeinsame Umgang mit der Krankheit, wie meine Mutter mit der Situation umgeht und wie mein Vater es schafft, auf Dinge zu verzichten, die ihm früher sehr wichtig waren. Der Film sollte nicht in erster Linie von Krankheit handeln, sondern vom Leben.
Wie war es für Sie, diesen intimen Film umzusetzen?
Es war eine spezielle Herausforderung, teilweise anstrengend und schmerzhaft, weil ich mich mit schwierigen, persönlichen Dingen auseinandersetzen musste. Und ich hatte eine Doppelrolle als Regisseurin und Tochter, wobei die Tochter oft nicht der gleichen Meinung war wie die Regisseurin. Letztere fand beispielsweise Konfliktsituationen spannend, aber als Tochter war mir das unangenehm. Schlussendlich fand ich es sehr beglückend, dieses Projekt umsetzen zu dürfen. Der Film hat mir unter anderem gezeigt, was für einen tollen Humor meine Mutter hat. Das war mir vorher gar nicht bewusst.
Was sollen die Zuschauenden aus «Immer und ewig» mitnehmen?
Ich will aufzeigen, wie zwei Menschen mit einer auf den ersten Blick schwierigen Situation umgehen, über die viele denken: «So möchte ich nicht leben.» Die Geschichte soll Mut machen, Unerwartetes zeigen und fragen: Was macht das Leben lebenswert? Eine besonders berührende Rückmeldung zum Film war etwa: «Ich bin auch krank, aber nach diesem Film will ich leben und auch verreisen!»
Wie gefällt der Film Ihren Eltern?
Meine Eltern haben spontan ja gesagt und waren während den Dreharbeiten sehr offen. Natürlich gab es auch Diskussionen. Mein Vater beispielsweise hätte gerne mehr von den technischen Erfindungen und Lösungen im Film gehabt. Mir war aber der emotionale Teil wichtiger. Meine Mutter hat am Schluss immer wieder gesagt, dass sie den Film ganz toll findet.
Wie haben Sie als Tochter die Krankheitsgeschichte Ihrer Mutter erlebt?
Ich kannte gar nie etwas anderes, ich kann mich nicht an eine gesunde Mutter erinnern. Sie hat die Diagnose bekommen, als ich 2 Jahre alt war. Meine Eltern haben viel unternommen, um die Einschränkungen zu kompensieren. Trotzdem war die Krankheit präsent und hat viel Raum eingenommen, gerade während der Pubertät. Es war zum Beispiel nicht einfach, mich abzugrenzen und mit jemandem zu streiten, der von der MS so geschwächt war.
Was fasziniert Sie am Filmemachen?
Menschen und ihre Geschichten. Menschen, die in vordergründig schwierigen Umständen zurechtkommen und versuchen, würdevoll und sinnvoll damit zu leben, das interessiert mich. Die Arbeit an einem Dokumentarfilm ist ein Eintauchen in ein anderes Universum, in das man sonst nicht eintauchen könnte. Man darf alles fragen, neugierig sein wie ein Kind, das gibt Freiheit und ist bereichernd.