Das schweizerische Krankenversicherungssystem – Informationen aus der Beratung

Eine Übersicht des komplexen schweizerischen Krankenversicherungssystems für Multiple Sklerose Betroffene, die in der Schweiz arbeiten oder sesshaft werden wollen.

Alle in der Schweiz wohnhaften Personen müssen sich unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit bei einer obligatorischen Krankenpflegeversicherung versichern. Für ausländische Staatsangehörige gilt dies ab einer Aufenthaltsbewilligung von drei Monaten und länger. Jedes in der Schweiz lebende oder arbeitende Familienmitglied muss einzeln versichert sein, Erwachsene ebenso wie Kinder. Es gibt Ausnahmefälle bei denen besteht keine Versicherungspflicht.

>> Broschüre Bundesamt für Gesundheit (Seite 5)

Grenzgänger aus EU/EFTA

Personen, die in der Schweiz arbeiten und einen Wohnsitz in einem EU/EFTA-Staat haben, müssen grundsätzlich eine Krankenversicherung in der Schweiz abschliessen. Die Versicherungspflicht beginnt und endet mit dem Arbeitsverhältnis. Personen, die in Deutschland, Frankreich, Italien oder Österreich wohnhaft und in der Schweiz erwerbstätig sind, haben die Wahl: sie können sich im Wohnland oder in der Schweiz versichern. Wer sich nicht in der Schweiz versichern will, muss innerhalb von drei Monaten nach Beginn der Erwerbstätigkeit ein Gesuch um Befreiung von der Versicherungspflicht einreichen. Grenzgänger, die im Fürstentum Liechtenstein wohnen und in der Schweiz erwerbstätig sind, versichern sich im Fürstentum Liechtenstein.

Begriffe


Krankenversicherung: Krankenversicherungen sind Versicherer, die die obligatorische Krankenpflegeversicherung durchführen. Krankenkassen sind nicht gewinnorientiert und müssen vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDA) anerkannt sein. Es steht Ihnen frei, auch Zusatzversicherungen anzubieten.

Obligatorische Krankenpflegeversicherung: Diese Versicherung (Grundversicherung genannt) gewährleistet eine qualitativ hochstehende und umfassende Grundversorgung für alle. Sie bietet allen Versicherten denselben Leistungsumfang. 

Zusatzversicherung: Eine Zusatzversicherung ist freiwillig und deckt u.a. zusätzlichen Komfort (z.B. Halbprivat-oder Privatabteilungen im Spital) oder weitere Leistungen (z.B. Zahnversicherung, bestimmte Komplementärmedizinische Therapien) ab. Die Prämien können sich nach dem Risiko, das eine Person für eine Krankenversicherung stellt, richten.

Franchise: Wenn Kosten für Arzt, Medikamente oder Spital entstehen, muss zuerst ein Teil dieser Kosten selber bezahlt werden. Diese Kostenbeteiligung wird Franchise genannt. Erst wenn die Kosten in einem Kalenderjahr diese Franchise übersteigen, übernimmt die Krankenkasse die weiteren Kosten.

Selbstbehalt: 10% der Kosten, welche die Franchise übersteigen, bezahlt der Versicherte selber. Der Selbstbehalt beträgt max. CHF 700.00/Jahr.

Spezialitätenliste: (SL-Liste) des Bundesamtes für Gesundheit ist eine Liste derjenigen Arzneimittel, welche von der Krankenversicherung über die Grundversicherung vergütet werden.


Wo kann man sich versichern?

Die obligatorische Krankenpflegeversicherung kann bei einer der rund 60 Schweizer Krankenversicherungen abgeschlossen werden.

>> Broschüre Bundesamt für Gesundheit (Seite 22)

Was bezahlt die obligatorische Krankenversicherung?

Beim Arzt: Die obligatorische Krankenpflegeversicherung vergütet grundsätzlich alle Behandlungen, die von einem Arzt vorgenommen werden. Vor einer Untersuchung oder Behandlung sollte der Arzt darüber informieren, ob die betreffende Leistung von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen wird. Daneben können Personen im Auftrag eines Arztes bestimmte Leistungen erbringen (Physiotherapie, Ergotherapie, ambulante Krankenpflege (Spitex), Ernährungsberatung, Logopädie, Pflegeheim etc.).

>> Liste von behandelnden Ärzten nach Region und Fachgebiet

Spital: Unter den Spitälern, die auf der Spitalliste des jeweiligen Wohnkantons oder jener der Standortkantons aufgeführt sind (Listenspital), kann man wählen. Die Spitallisten erhält man bei seiner Krankenversicherung oder beim kantonalen Gesundheitsdepartement.

Medikamente: Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für sämtliche Medikamente, die von einem Arzt verschrieben werden und die in der sogenannten «Spezialitätenliste» aufgeführt sind. Zurzeit sind ca. 2'500 Medikamente in der Liste aufgeführt, wobei die Liste ständig dem medizinischen Fortschritt angepasst wird.

Komplementärmedizin: Akkupunktur, anthroposophische Medizin, Traditionelle Chinesische Medizin, klassische Homöopathie und Phytotherapie werden von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung übernommen, wenn sie von einem Arzt mit einem Facharzttitel und einer Weiterbildung in der entsprechenden komplementärmedizinischen Disziplin erbracht werden.

Zusatzversicherung

Zusatzversicherung sollten mit der obligatorischen Krankenpflegeversicherung verglichen werden. Was bieten sie an und was wird bereits durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung abgedeckt. Im Bereich der Zusatzversicherungen können die Versicherer vor Versicherungsabschluss Fragen zur Gesundheit stellen und eine Aufnahme ablehnen. MS-Betroffene haben kaum die Möglichkeit eine Zusatzversicherung abzuschliessen. Falls eine Zusatzversicherung möglich ist, ist zu prüfen, dass kein Vorbehalt auf die Versicherungsleistung bei MS besteht.

Welche Kosten müssen selber getragen werden?

Prämien: Jede Person bezahlt ihre eigene Prämie. Die Prämie ist im Voraus sowie in der Regel monatlich zu bezahlen. Die Krankenkassen bieten reduzierte Prämien für Kinder und Jugendliche an. Die Prämien sind unabhängig vom Einkommen einer Person, variieren aber von Versicherung zu Versicherung, sowie von Kanton zu Kanton bzw. von Land zu Land bei Wohnsitz in einem EU/EFTA Staat. Personen die in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen leben, haben Anspruch auf eine Verbilligung der Krankversicherungsprämien.

>> Broschüre Bundesamt für Gesundheit (Seite 19)

Kostenbeteiligung

Die Kostenbeteiligung ergibt sich aus der Summe der Franchise und des Selbstbehalts. Ein Teil der Kosten geht zu Lasten der Versicherten. Einerseits die minimale gesetzliche Franchise, sie beträgt CHF 300.00, wobei Kinder und Jugendliche bis 18 keine ordentliche Franchise bezahlen, sowie dem Selbstbehalt von 10% des verbleibenden Rechnungsbetrages. Die ordentliche Kostenbeteiligung beträgt somit minimal CHF 1'000.00 pro Jahr für Erwachsene und CHF 350.00 für Kinder und Jugendliche.

Wie kann ich Prämien sparen?

Prämien: Es ist möglich ohne Nachteil zu einer Krankenversicherung zu wechseln, die einem mehr entspricht. Der Leistungsumfang der obligatorischen Grundversicherung ist derselbe. Unterschiede kann es allenfalls beim «Service» geben wie z.B. dem Zeitraum der Vergütung oder der Qualität der Beratung.

Kostenbeteiligung: Erwachsenen stehen folgende Wahlmöglichkeiten der Franchisen zur Verfügung. CHF 300.- bis CHF 2'500.00 d.h. die Kostenbeteiligung pro Jahr kann in diesem Rahmen gewählt werden. Beim Wechsel der Franchise gilt es Kündigungsfristen zu beachten.

Versicherungsformen

Einschränkung der Arzt- und Spitalwahl: Prämien können gespart werden, wenn man einer sogenannten HMO Versicherung (Health Maintenance Organization) oder einem Hausarztmodell beitritt. Dafür verzichtet man auf freie Arzt- und Spitalwahl und lässt sich in einem HMO Zentrum behandeln. Beim Hausarztmodell verpflichtet man sich immer dazu, zuerst zu seinem Hausarzt zu gehen. Krankenversicherungen bieten noch verschiedene andere Tarifmodelle an und geben gerne Auskunft darüber.

Unfallversicherung

Wenn Sie mindestens 8 Stunden pro Woche arbeiten und durch Ihren Arbeitgeber gegen Unfall (Betrieb- und Nichtbetriebsunfall) versichert sind, können Sie die Unfallversicherung bei der Krankenversicherung ausschliessen. Sie sind auch in der Freizeit versichert.

Zu beachten bei Erstkonsultation eines Arztes

Bei der Erstkonsultation ist es ratsam, seine vollständigen Krankenunterlagen und Bilder mitzubringen. Ebenfalls sollte man die mögliche Fortsetzung oder die allfällige Anpassung der bisherigen Therapien sowie das weitere medizinische Vorgehen mit dem Arzt besprechen.