7 Fragen an Monika Fontana
Frau Fontana, wie und wo leben Sie heute?
Mit Freude lebe ich in einem Zweifamilienhaus direkt am Waldrand mit Sicht auf den Zürisee. Mein Leben bereichern unsere beiden Golden Retriever «Caira» (sie wird bald 13 Jahre alt und ist eine VTHS-Therapiehündin) und der 2-jährige «Elanu». In unserem «Rudel» wohnt ausserdem mein sportlicher Lebensgefährte - übrigens immer noch derselbe wie damals bei der Foto-Kampagne der MS-Gesellschaft vor 11 Jahren.
Er ist auch derjenige, welcher die «Goldigen» im Hundesport führt und sie begeistert und mit viel Power artgerecht auslastet. Ich bin dabei für die Herzenswärme, Ruhe, viel Geduld und das Kontaktliegen zuständig. Zu unserer Herzensfamilie gehören ganz besonders auch die «liebenswerten Vier» vom oberen Stockwerk: ein Ehepaar mit zwei süssen Mädchen. Wir wohnen fast wie in einer Wohngemeinschaft zusammen, sind füreinander da und geniessen dies alle sehr!
Wie geht es Ihnen?
Das Leben ist eine Reise und im Moment bin ich wieder einmal daran, «Berge zu erklimmen». Ich freue mich bereits darauf, wenn dieser eine Gipfel wieder geschafft ist - und erfahrungsgemäss einfachere, vergnüglichere «Reise-Etappen» auf mich zukommen.
Was hat sich in Bezug auf die MS bei Ihnen verändert? Physisch, emotional?
Die Gelassenheit der Krankheit gegenüber ist stärker geworden… und dies, obwohl sich die meisten Symptome verschlechtert haben und neue Diagnosen - unter anderem Epilepsie - hinzugekommen sind. Wie «gesunde» Menschen habe auch ich meine Hochs und Tiefs, doch alles in allem bin ich ein Glückspilz: ich habe eine starke positive Seite! Es gibt zudem viele MS- Betroffene, welche physisch und emotional ein heftigeres Schicksal tragen.
Meist gelingt es mir, zu fühlen und überzeugt davon zu sein, dass es im Leben nicht (nur) auf die Umstände ankommt, sondern vielmehr darauf, was ich daraus mache (machen kann). Anstatt -zum Beispiel wie früher- in meinem Smart selbst Auto fahren zu können, werde ich nun in unserem VW-Büsli «durch die Welt chauffiert»: so habe ich das Bett immer dabei, während mein Lebensgefährte auf seinem Bike oder im Kajak unterwegs ist. Auch mein Scooter erweitert meinen «Lebensradius»!
Welche Erinnerung haben Sie heute an das Foto-Shooting von 2011?
Das Foto-Shooting wird mir immer in bester Erinnerung bleiben! Die Begegnung mit interessanten, sympathischen Menschen, die Abwechslung vom Alltag, das Eintauchen in ein «ganz anderes Leben» vor der Kamera… all das wird mir unvergesslich bleiben! Den damaligen Leiter der Fotoagentur habe ich später im TV bei Kurt Aeschbacher - als Betroffener der Krankheit Alzheimer - «wieder gesehen», was mich betroffen gemacht hat und mir einmal mehr aufgezeigt hat, wie «fragil» Gesundheit ist.
Was war das für ein Gefühl, sich selbst auf grossformatigen Anzeigen zu sehen?
Dies war ein seltsames Gefühl! Ich bekam vom Fotografen die Anweisung «klar und wie eine Sportlerin auf das Ziel fokusiert» dreinzuschauen… Oft bin ich sonst lachend auf Fotos anzutreffen und diese stark wirkende Frau, mit dem müden, ernsten Blick, das war in meiner Wahrnehmung nicht «ich». Überall begegneten mir diese Plakate: Allein schon in Rüschlikon, wo wir damals wohnten, gab es drei davon. Schmunzelnd und selbstkritisch begegnete ich dieser «fremden Frau» auf dem Bild.
Wurden Sie je auf der Strasse erkannt und angesprochen?
Nein. Von mir unbekannten Menschen auf der Strasse erkannt und angesprochen wurde ich nie und das war auch gut so. Bekannte, Freunde oder Nachbarn vergewisserten sich, ob ich diese «Sportlerin» sei und gaben mir Rückmeldungen, wo sie «mich» überall gesichtet hätten: In Zeitungen, auf Autos der MS-Gesellschaft, in Bahnhöfen, Zügen und Plakaten in der ganzen Schweiz.
Eine MS-Betroffene als professionelles Model: was denken Sie, würde das gehen? Was wären mögliche Hindernisse?
Es wäre schön und wünschenswert, wenn Models mehr ein Abbild unserer Gesellschaft wären! Krankheit und Behinderung gehören zum Leben ganz einfach dazu. Und ja, je nach Symptomen der MS wäre dies für einige Betroffene sicherlich möglich! Eines der Hindernisse ist - nebst anderen - das CFS, das chronische Fatigue Syndrom.
Ich kann mich noch gut an das «erschlagen sein» erinnern, welches mich nach dem Foto-Shooting erschöpft ins Bett sinken liess und mich auch die folgenden Tage ausser Gefecht gesetzt hat.
Ihre ganz wunderbare Idee eines Tagebuches, in dem nur schöne Momente festgehalten werden: Gibt es das Tagebuch noch, führen sie es aktiv?
Oh ja. Mein «Glückgefühlstagebuch» begleitet mich achtsam durchs Leben und hilft mir, schöne Augenblicke bewusst zu erkennen und zu geniessen. Wichtig ist mir aber auch, dass jedes Gefühl - auch die im Moment unangenehmeren - ihren Platz und ihre Aufmerksamkeit haben dürfen. Denn alle Gefühle gehören zu unserem Dasein, geben uns Hinweise über unsere Bedürfnisse und sind wichtig!