Das Schweizer MS Register goes Kopenhagen für den 40. ECTRIMS-Kongress

Das Schweizer MS Register

Vom 18. bis 20. September 2024 fand der 40. ECTRIMS-Kongress in Kopenhagen statt. Das Schweizer MS Register war dieses Jahr mit einem fünfköpfigen Team vertreten, um sich mit den neusten Erkenntnissen zu MS vertraut zu machen, eigene Forschungsresultate zu präsentieren und sich mit den 8'500 angereisten Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt auszutauschen.

Das Europäische Komitee für die Behandlung und Erforschung der Multiplen Sklerose, kurz ECTRIMS, ist die weltweit grösste Fachorganisation, die sich für die Forschung, das Verständnis und die Behandlung von MS einsetzt. Jedes Jahr kommen Fachleute und Forschende für drei Tage zusammen, um sich ganz auf das Thema MS zu fokussieren. Letztes Jahr in Mailand war das Schweizer MS Register erstmals mit dabei.

Vielfältige fachliche Highlights und eigene Beiträge

Die Mitarbeitenden des Registers waren sehr beeindruckt von der grossen Bandbreite an MS-Forschungsthemen, die bei Präsentationen, Workshops sowie Podiumsdiskussionen entdeckt werden konnten. Auch die Themen der Poster des Schweizer MS Registers deckten ein breites Spektrum ab:

  • Viktor von Wyl (Wissenschaftlicher Leiter) zeigte anhand von Längsschnittdaten auf, dass eine markante Verschlechterung der Lebensqualität mit dem Auftreten von neuen Symptomen zusammenhängen kann. Speziell stachen dabei eine Verschlechterung der Gehfähigkeit sowie neu auftretende Depressionen hervor.
  • Nina Steinemann (Projektleiterin) befasste sich mit dem negativen Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeit und dem Ausmass von Fatigue sowie einer zunehmenden Krankheitsbürde.
  • Mina Stanikic (Postdoktorandin) fokussierte ihre Analyse auf geschlechtsspezifische Unterschiede bei den Unterstützungsbedürfnissen von MS-Betroffenen gegenüber ihren Neurologinnen und Neurologen. «Am ECTRIMS werden zunehmend qualitative Studien wie meine präsentiert. Das wachsende Interesse kommt vermutlich daher, weil sie besondere Einblicke in die Bedürfnisse von Betroffenen gewähren», so Mina Stanikic.
  • Stefania Iaquinto (Doktorandin) präsentierte mit ihrem Poster die neuste Schätzung der Anzahl MS-Betroffener der Schweiz. Diese ist zwischen 2016 und 2021 um 20% auf rund 18’000 Personen gestiegen. «Der Austausch mit anderen Forschenden war für mich sehr wertvoll, die sich mit Hochrechnungen für ihre Länder beschäftigen. Wir stehen alle vor ähnlichen Herausforderungen bezüglich der Verfügbarkeit von qualitativ guten Daten. Auch war es erfreulich zu erkennen, dass wir mit unserem Ansatz eine sehr gute Grundlage für die Schweizer Prävalenzschätzung geschaffen haben», so Stefania Iaquintos Fazit zu ihrer Posterpräsentation.
Ort der Begegnung für MS-Betroffene und Forschende

Am letzten Tag des Kongresses fand der ECTRIMS Patient Community Day statt, wo Menschen mit MS sowie verwandten neurologischen Krankheiten wie NMOSD und MOGAD mit Fachpersonen aus Forschung und Praxis zusammenkamen.

Die Teilnehmenden konnten sich dort über die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu MS informieren. Zudem wurde sowohl online als auch vor Ort einen Raum für Gespräche zwischen Betroffenen und Forschenden geschaffen.

Sabin Ammann (Leiterin medizinische Datenerfassung und Studienkoordinatorin) war für das Schweizer MS Register vor Ort: «Besonders im Fokus standen Themen wie Remyelinisierung und Myelinreparatur, neue Therapien für progressive MS sowie Risikofaktoren wie das Epstein-Barr-Virus. Mein Highlight jedoch waren die einfach verständlichen Erklärungen zur aktuellen Überprüfung der  McDonald-Kriterien. Die McDonald-Kriterien sind Richtlinien für die Diagnose von MS zu einem frühen Zeitpunkt im Krankheitsverlauf. Diese werden regelmässig aktualisiert, um dem aktuellen Stand der Forschung und Technologien zu entsprechen. Die neusten Kriterien sollen eine noch schnellere und präzisere Diagnose ermöglichen, indem sie weniger klar definierte Merkmale und Symptome berücksichtigen. Dies bedeutet, dass MS auch dann erkannt werden kann, wenn keine klassischen MS-Symptome wie beispielsweise ausgeprägte Sehstörungen vorhanden sind. Dadurch wird eine frühzeitige Behandlung ermöglicht, was das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann.»

Im Vorfeld des Patient Community Days 2024 und am Tag selbst konnten Betroffene Fragen stellen, die von MS-Expertinnen und -Experten in verständlicher Sprache beantwortet wurden. Dank des interaktiven Formats kam es zu einem regen Austausch zwischen Menschen mit MS, medizinischen Fachleuten aus der Praxis und Forschenden. Dadurch wurde der Patient Community Day ein voller Erfolg.

Der Patient Community Day wurde aufgezeichnet und kann in vielen verschiedenen Sprachen unter diesem Link angeschaut werden.

Internationale, bereichernde Gespräche am Infostand

Der Stand des Schweizer MS Registers befand sich in der Non-Profit-Village in guter Gesellschaft mit den Registern aus Dänemark, Schweden, Deutschland, Frankreich, Italien und England. Es kam zu einem spannenden Austausch zwischen den Registern, der von allen sehr geschätzt wurde. Der Citizen Science-Ansatz des Schweizer MS Registers, wonach gemeinsam mit MS-Betroffenen geforscht wird, stiess auf reges Interesse. Verschiedene Besucherinnen und Besucher, zum Beispiel aus Neuseeland, interessierten sich sehr für die Organisation des Schweizer MS Registers, da es in ihren Ländern noch kein Register gibt.

Die Frage «Schweiz oder Schweden?» stellte sich nicht nur einmal. Die Antwort auf diese Frage war für die Besucherinnen und Besucher nicht zuletzt wegen der «Swiss Chocolate» am Stand wichtig. Doch das überraschend begehrteste Goodie waren die Kugelschreiber. Da offenbar niemand sonst Stifte verteilte, nahmen viele einen mit, um sich trotz digitalem Zeitalter etwas von Hand notieren zu können.

Kongresse bieten immer eine hervorragende Gelegenheit, bestehende Kontakte zu pflegen und neue Forschende und Fachleute kennenzulernen. Ein grosses Dankeschön auch an alle bekannten Gesichter, die uns am Stand besucht haben!

Fazit

Die grosse Vielfalt an Themen am Kongress widerspiegelt sowohl die Komplexität von MS als auch die Bandbreite an Herausforderungen für MS-Betroffene. Für das Schweizer MS Register war der ECTRIMS deshalb eine wichtige Gelegenheit, um sich während drei Tagen auf die neuste MS-Forschung zu fokussieren, Inspiration für neue Projekte zu schöpfen und das Fachwissen zu vertiefen.


Text: Schweizer MS Register, Bilder: Sabin Ammann

Das Schweizer MS Register wurde von der Schweiz. MS-Gesellschaft auf Wunsch von Betroffenen initiiert, um ihre Perspektive in die Forschung einzubringen. Ausgeführt wird das Citizen Science-Forschungsprojekt von der Universität Zürich. Gemeinsam mit MS-Betroffenen untersuchen Forschende verschiedene Fragestellungen, stets mit dem Ziel, zu einer Verbesserung der Lebensqualität MS-Betroffener beizutragen.