Forschungspreis der MS-Gesellschaft zum zweiten Mal verliehen

Fachartikel

Das «MS State of the Art Symposium» bot bei seiner 27. Durchführung einen besonderen Höhepunkt: die zweite Verleihung des Forschungspreises der Schweizerischen Multiple Sklerose Gesellschaft. Der mit 100'000 Franken dotierte Preis ging an Prof. Britta Engelhardt, Immunbiologin und Direktorin des Theodor-Kocher-Instituts, Universität Bern, für ihr jahrelanges, unermüdliches Engagement in der Erforschung der Blut-Hirn-Schranke.

Die. MS-Gesellschaft legt seit vielen Jahren grossen Wert darauf, Forschungsarbeiten im Bereich der MS zu unterstützen. Seit dem Jahr 2000 wurden in der ganzen Schweiz MS-bezogene Forschungsprojekte mit über 35 Millionen Franken gefördert. Mit dem 2023 ins Leben gerufenen Forschungspreis sollen insbesondere Forschende gewürdigt werden, deren langjährige Arbeit zu wichtigen Erkenntnissen auf dem Gebiet der MS und damit zu Verbesserungen für Menschen mit dieser Erkrankung geführt hat.

Prof. Britta Engelhardt gewürdigt

Das Preiskomitee hat sich entschieden, diesen national und international anerkannten und mit 100’000 Franken dotierten Preis in diesem Jahr an Prof. Britta Engelhardt (Theodor Kocher Institut, Universität Bern) zu vergeben. Die feierliche Übergabe des Preises übernahm der Präsident der MS-Gesellschaft, Prof. Jürg H. Beer. Wie Prof. Hartmut Wekerle, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für Neurobiologie in Martinsried, DE und langjähriger Mentor von Prof. Engelhardt in seiner anschliessenden Laudatio sagte, war sie eine seiner ersten weiblichen und erfolgreichsten Forschungsmitarbeitenden in einer damals noch stark männlich geprägten Domäne. Sie habe sich seit Beginn ihrer medizinisch-wissenschaftlichen Karriere der Multiplen Sklerose verschrieben.

Den Geheimnissen der Blut-Hirn-Schranke auf der Spur

Die grosse wissenschaftliche Leidenschaft von Prof. Engelhardt war und ist nach wie vor die Erforschung der Struktur und Funktion der Blut-Hirn-Schranke, insbesondere im Zusammenhang mit MS. Die Blut-Hirn-Schranke bildet die Grenze zwischen Blutkreislauf und Hirngewebe. Sie soll sicherstellen, dass nichts ins Gehirn gelangt, was dort Schäden auslösen und die korrekte Kommunikation der Nervenzellen untereinander stören könnte.

Wie Prof. Engelhardt im anschliessenden Vortrag aufzeigte, konnte sie im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten feststellen, dass sich die Blut-Hirn-Schranke nicht wie lange angenommen nur auf die Grenze zwischen Blutkreislauf und Hirngewebe beschränkt. Auch auf Ebene der äusseren Hirnhäute und in Strukturen der Hirnventrikel, den vier mit Hirnwasser gefüllten Räumen im Innern des Gehirns, gibt es solche Schutzstrukturen, die Prof. Engelhardt daher zusammengefasst als Blut-Hirn-Schranken in der Mehrzahl bezeichnet.

Zum genauen Aufbau der Blut-Hirn-Schranken lieferte ihre Forschung ebenfalls wichtige Erkenntnisse. Je nach Lokalisation der Schranke gibt es gewisse Unterschiede bei den beteiligten Zelltypen. Ausserdem setzen sich die Blut-Hirn-Schranken immer aus einer äusseren und inneren Schranke zusammen, die einen mit Hirnwasser gefüllten Raum umschliessen. Zur Veranschaulichung verwendete Prof. Engelhardt hier das Bild einer mittelalterlichen Burg, die von einer doppelten Mauer mit einem dazwischenliegenden Burggraben mit Wachen umgeben ist und so die Burg respektive das Gehirn vor Eindringlingen von aussen schützt. Die Verbindung und gemeinsame Funktion der verschiedenen Blut-Hirn-Schranken ist Gegenstand der laufenden Forschung von Prof. Engelhardt.

Wie sie weiter erklärte, wurden in Stammzell-abgeleiteten Zellkulturmodellen der Blut-Hirn-Schranke von Menschen mit MS im Vergleich zu jenen von gesunden Individuen Beeinträchtigungen in der Funktion der Blut-Hirn-Schranke festgestellt. Lange Zeit wurde angenommen, dass diese Veränderungen in der Blut-Hirn-Schranke eine Folge der MS sind. Anhand weiterer Forschungen konnte Prof. Engelhardt nun Hinweise darauf finden, dass bei Menschen mit MS womöglich grundsätzliche Veränderungen in den Strukturen der Blut-Hirn-Schranke den Ausbruch und das Fortschreiten der Erkrankung begünstigen.

Ihr Preisgeld wird sie für die Weiteverfolgung dieser beiden grossen Fragestellungen einsetzen. Die MS-Gesellschaft gratuliert Prof. Engelhardt ganz herzlich und wünscht ihr für ihre weitere Forschungsarbeit viel Erfolg.

«MS State of the Art Symposium»

Das «MS State of the Art Symposium» ist der bedeutendste Fachkongress zum Thema Multiple Sklerose in der Schweiz und wird von der Schweiz. MS-Gesellschaft und ihrem Medizinisch-wissenschaftlichen Beirat organisiert. 2025 fand das Symposium am 25. Januar im KKL Luzern statt.

 

MS State of the Art Symposium 2025