Gesichter der MS 2024: Monika Heierli

Gesichter der MS

Hallo zusammen, ich heisse Monika Heierli und bin 54 1/2 Jahre jung. Und, hmm, na ja, so was wie eine Powerfrau, oder eher eine Stehauffrau! Weil ich schon sehr viel durchgemacht habe. Naja, das hat ja jeder von uns. Hat ja jeder seinen Rucksack zu tragen.

Ich bin endlich Anfang Jahr mit meinem langjährigen Partner zusammengezogen und wir geniessen es mit unseren zwei Katzen. Ich arbeitete 25 Jahre in der ersten Arbeitswelt, bis ich einen totalen Zusammenbruch hatte und nicht mehr arbeiten konnte, weil ich in eine kurze Depression fiel. Nach einer Weile konnte ich in einem sozialen Unternehmen in St. Gallen arbeiten, was mir sehr gutgetan hatte, weil wir ja alle im gleichen Boot waren und wir ein super Team waren mit einem genialen Chef.

Weil ich mit fast 43 Jahren am 10. Dezember 2012 die Erkrankung MS diagnostiziert bekam, brach in mir eine Welt zusammen. Zum Glück hatte ich ein halbes Jahr vorher meinen Partner kennengelernt und er blieb trotz der Diagnose bei mir. Momentan arbeite ich seit bald 7 ½ Jahren in einem anderen sozialen Unternehmen, wo es mir auch recht gut gefällt, als Mitarbeiterin der Produktion.

Wann bekamst du die Diagnose MS? Welche Verlaufsform «hast du»? Welche Symptome belasten dich am meisten?
Am 10. Dezember 2012 bekam ich meine Diagnose, nachdem mein langjähriger Hausarzt schon im Sommer diese Erkrankung vermutete. Zum Glück hatte ich nie einen spürbaren Schub und ich bin die ganzen Jahre stabil geblieben. Ich denke auch wegen meines guten Umfelds, der  langjährigen Beziehung, guten Freundinnen und Freunden, lieben Arbeitskollegen und Kolleginnen und natürlich auch meinen Katzen.

Manchmal habe ich Schmerzen, wie kleine Stromstösse in den Beinen, Armen oder Händen, und wir binden dann auch mal ein über Nacht. Damit es mir am Morgen wieder besser geht, zum Arbeiten.

Welche Schlagzeile würdest du 2024 gerne über dich lesen?
Hurra, ich lebe noch!

Wenn du dir eine «Superkraft» aussuchen dürftest, welche wäre das und warum?
Hmm, wenn eine super Kraft, dann, dass es allen Menschen und Tieren gut geht! Wir keinen Neid und Hass mehr haben! Nur noch Liebe, Zuversicht, Zufriedenheit, Glück - und stolz aufeinander sind!  

Wenn du deiner MS ein Tattoo widmest? Welches Motiv? Welcher Text? Wo am Körper?
Ein Tattoo? Habe ich schon ein paar, 9 Stück, und es werden noch mehr. Ein Engel, der mir weiterhilft, wenn ich wieder mal Schmerzen habe, und immer bei mir ist und mich beschützt! Wohin würde ich ihn stechen lassen? Auf meinen linken Oberarm oder auf meinen rechten Oberschenkel.

Was macht dir Stress und wie drückt sich der Stress bei dir aus? Was tust du dagegen?
Es stresst mich, wenn die Menschen so neidisch und rücksichtslos sind und den wehrlosen Tieren Leid zufügen. Dann denke ich an schöne Erlebnisse mit den wertvollen Menschen um mich herum und am Abend nehme ich Hanftropfen, damit ich trotz allem gut und beruhigt einschlafen kann!

Ferien am Meer oder in den Bergen? Was findet deine MS besser?
Ferien am Meer ist mir zu warm und in die Berge kann ich nicht mehr, weil ich Gleichgewichtsstörungen habe. Die man mir aber eigentlich nicht so ansieht.

Was sollte dein soziales Umfeld gerne öfter tun? Was lassen?
Hmm. Mein Umfeld soll mich einfach so nehmen, wie ich bin, und mich als wertvollen Menschen akzeptieren.

Kopf oder Herz/Bauchgefühl? Auf was vertraust du im Alltag?
Ich bin eine Frau mit einem grossen Herz und denke zu oft zu viel nach, dann rebelliert mein Bauch und meldet sich, dass er auch noch da ist. Ich vertraue immer wieder auf die guten Antennen und mein unendlich positives Denken.

Welches Kompliment hat man dir zuletzt gemacht?
Liebe Arbeitskolleginnen haben mir gesagt, dass ich trotz meiner überschüssigen Pfunde eine super Figur habe und mich sehen lassen kann. Was übrigens auch mein Lebenspartner meint.

Was bedeutet Familie für dich?
Familie ist immer wieder ein schwieriges Thema, weil ich 10 Geschwister habe. 

Du und der Schlaf: Freund oder Feind?
Schlafen ist für mich gar kein Problem, normalerweise kann ich gleich nach ein paar Minuten einschlafen, nachdem ich im Bett bin.

Wie findest du es, wenn wir über «prominente» MS-Betroffene wie zum Beispiel Selma Blair oder Christina Applegate berichten? Was wäre deine erste Frage an einen von ihnen? Und an wen?
Leider kann jeder Mensch von der MS Erkrankung betroffen sein, ich weiss jetzt keine prominente Person. Wenn jemand betroffen wäre, dann sind das auch normale Menschen wie ich und Du.

Würdest du gerne einmal für ein Jahr im Ausland leben? Wo? Was hält dich davon ab?
Nein, ich denke, dass ich es gut habe in der Schweiz und auch meine Medikamente und alles bekomme. Obwohl ich mit meinem Partner und meinen Katzen wohl überall auf der Welt leben könnte, ausser wenn es immer heiss oder immer kalt ist.

Was wolltest du als Kind (beruflich) werden? Hat dich die MS gebremst, es zu werden?
Uff, ich wollte so vieles werden. Kleinkinderzieherin, Automechanikerin, Goldschmiedin, Archäologin. Da ich meine MS-Diagnose erst mit fast 43 bekam, stand mir quasi die ganze Welt offen, aber weil ich «faul» war und mich richtig schwer tat zu lernen, habe ich mich dann zur Briefträgerin entschlossen, nachdem ich ein Zwischenjahr in einem Blumenladen und Friedhofgärtnerei gemacht hatte. Und danach noch ein Welschlandjahr (ein Jahr im französischsprachigen Teil der Schweiz; die Redaktion) bei einer Weinbauernfamilie in Echandens Vaud.

Wenn deine MS ein Tier wäre, welches und warum?
Hmm, wahrscheinlich mein Krafttier, die schöne Libelle. Schön, schwerelos und anmutig in der Luft schwebend!

Hat sich aus deiner Sicht in den letzten Jahren etwas verändert in der Gesellschaft oder Politik gegenüber chronisch kranken Menschen? Was ist vielleicht besser oder schwieriger geworden?
Es ist spannend, wenn ich Menschen im Bus oder Postauto oder Zug treffe und dann von meiner MS erzähle, aber ich glaube nicht, dass es sich positiv verändert hat, eher umgekehrt, auch wenn ich es mir wünschen würde, dass wir respektvoller miteinander umgehen würden.

Wenn Du morgen zum «Bundesrat für Forschung gegen die MS» ernannt wirst, was sind deine ersten 3 Massnahmen?
Puh, Bundesrat für die Forschung gegen MS. Eine sehr schwierige und wichtige Aufgabe, mit der ich wohl überfordert wäre.

Wie stark hat die Diagnose MS deine Einstellung zum Leben verändert? Gibt es bestimmte Dinge, die du vor der Diagnose über das Leben und die Gesundheit geglaubt hast, die sich seitdem verändert haben?
Meine Erkrankung mit MS hat mein Leben schlussendlich positiv verändert, weil ich vorher unbedingt funktionieren wollte und nicht auf mich Acht gab. Ausser, dass ich nicht mehr Fahrrad fahren und wandern kann und mit Schnee und Eis und unebenen Unterlagen wie schrägen Gehsteigen, Treppen und Kieswegen so meine Probleme habe, geht es mir recht gut. Ich habe gelernt, mit meiner Krankheit zu leben und sie als Chance zu sehen, dass ich nicht mehr alles muss, aber darf. Klar ist es auch mein Alter, mit fast 55 muss man auch nicht mehr alles, man darf, aber man muss nicht.

Du darfst für 24 Stunden in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Wer würdest du sein wollen? Und warum?
Eigentlich will ich gar nicht in der Haut einer anderen Person stecken, man soll das Beste daraus machen, damit man glücklich, zufrieden und dankbar sein kann, trotz allem!

Umgekehrt: Wer sollte mal einen Tag lang dein Leben mit MS führen? Warum?
Putin oder Trump oder andere ignorante Menschen sollten mal erleben, wie es ist…

Stell dir vor, du könntest mit deiner MS sprechen, was würdest du ihr sagen/sie fragen wollen?
Ich bin dankbar für Dich, aber würde trotzdem gerne wissen, weshalb ich und andere Menschen MS bekommen? Und wie wir uns davor schützen können?

Zu welcher Tageszeit erlebst du deine besten Momente? Warum?
Nach dem Arbeiten bin ich dankbar, dass ich nicht mehr 100 % arbeiten muss und mich entspannen und erholen kann, wenn ich nicht noch Termine habe. Am Morgen, wenn ich mich um 7.30 Uhr aus dem Bett quäle und danach bis ca. 9 Uhr frühstücke, dusche, mich anziehe und meine Katzen geniessen kann, ist es auch ganz wunderbar schön.

Wurdest du schon mal auf Grund der MS nicht ernst genommen? Wie bist du damit umgegangen?
Eigentlich habe ich das Glück, dass mich mein Umfeld und die Menschen, mehr oder weniger ernst genommen haben und ernst nehmen!

Wenn du ein Vorurteil gegen MS aus den Köpfen der Menschheit löschen könntest, welches wäre das?
Dass man mit MS auch noch recht gut leben kann, dass man es nicht immer erkennen kann, dass man MS hat, und trotzdem froh ist, wenn man im ÖV einen Sitzplatz haben kann. Dass man nicht automatisch im Rollstuhl landet.

Hast du Kontakt zu anderen MS Betroffenen? Hilft dir der Austausch mit anderen MS-Betroffenen?
Ich bin in einer Regionalgruppe der Schweiz. MS-Gesellschaft dabei und es tut mir einfach gut, auch an nicht so guten Tagen von mir oder den anderen. Wir gehen zusammen essen und machen kleine Ausflüge.

Was unterscheidet dich von anderen MS-Betroffenen?
Ich habe ein Riesenglück, dass ich seit fast 12 Jahren stabil bin und es mir so gut geht und ich immer noch arbeiten gehen kann!

Wenn du einen Tag ohne MS- Symptome erleben könntest, wie würdest du diesen Tag gestalten?
Hmm. Vielleicht würde ich mich dann getrauen, mich wieder auf ein Fahrrad zu setzen. Wer weiss.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft? Nimmst du Beratung, Angebote oder Dienstleistungen in Anspruch?
Ich bin in einer Regionalgruppe, gehe jedes Jahr 1 bis 2 Mal ins Kantonsspital SG und wenn ich mal Hilfe brauche, dann hole ich sie mir!

 


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