Gesichter der MS 2022: Milena Probst

Gesichter der MS

Ich bin am 13. September 1991 auf die Welt gekommen. Mein Name ist Milena Probst und ich lebe alleine in einer Wohnung in Lenzburg. Ich bin ausgebildete Dipl. Pflegefachfrau und Dipl. Hypnosetherapeutin. Leider bin ich (im Moment) nicht arbeitsfähig und konzentriere mich auf meine verschiedenen Therapien. 

Im Jahre 2014 erkrankte ich an einer Autoimmunen Meningoenzephalitis wo ich als Prognose Todesfall oder schwerer Pflegefall erhielt. Es war bis anhin mein grösster Kampf in meinem Leben. Der Kampf zurück ins Leben.

Nach langem Reha-Aufenthalt und ambulanten Therapien konnte ich im 2015 wieder in meine Ausbildung an der HFGS zurückkehren und schloss mein Diplom 1 Jahr später ab. Nach mehreren Jahren 100%-Pensum in der Pflege kamen schleichend Symptome dazu welche in nicht wahrhaben wollte und verdrängte.

Im Jahr 2020 meldete ich mich für ein Kontroll-MRI beim Neurologen. Auf diesen Bildern erkannte man viele neue Läsionen im Gehirn und nach weiteren Untersuchungen erhielt ich die Diagnose: primär progrediente Multiple Sklerose.

Wie würde dich deine beste Freundin/dein bester Freund in ein, zwei Sätzen beschreiben?
Als eine sehr hilfsbereite, empathische Person, die immer ein offenes Ohr hat. Auch bin ich zum Glück ein sehr positiver Mensch was mir heute den Umgang mit dieser Erkrankung erleichtert.

Welche 3 Dinge kannst du richtig gut?
Zuhören - für jemanden da sein - positiv denken.

Für welche 3 Dinge hast du null Talent?
Gitarre spielen - Geduld bei langem Stau –  Fleisch kochen, braten oder garen. 

Du darfst für 24 Stunden in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Wer wolltest du sein? Und warum?
In die Haut von einem kerngesunden Mann. Ich wollte schon immer gern erfahren wie es ist, als Mann zu leben und möchte an diesem Tag fühlen wie es ist, lange gehen zu können und das ganze ohne Schmerzen und ohne Gedächtnisstörungen.

Umgekehrt: Wer sollte mal einen Tag lang dein Leben mit MS führen? Warum?
Menschen, die die Krankheit nicht kennen und uns Betroffenen kein Verständnis schenken, wenn wir nicht mögen.

Wie und in welchem Alter wurde dir die Diagnose MS vermittelt?
Nach mehreren Untersuchungen als ich 29 Jahre alt war.

Wie hast du dich bei der Neudiagnose über MS informiert?
Durch meine Ausbildung wusste ich bereits sehr viel über die Erkrankung.

Was waren deine ersten MS-Symptome? Welche bestimmen deinen Alltag heute?
Gefühlsstörungen in allen Extremitäten und starke Schmerzen in den Beinen nach kurzen Gehstrecken. Heute habe ich einen starken Kraftverlust in den Armen und Beinen - Taubheitsgefühl in den Beinen und ein konstantes Kribbeln in den Armen. Ich kann mir gar nichts mehr merken und das Kurzzeitgedächtnis ähnelt einem löchrigen Sieb.

Wie stark hat die Diagnose MS deine Lebenspläne und -ziele verändert?
Sehr stark. Ich wollte immer eine eigene Familie mit 2 Kindern und die Welt noch bereisen. Dies wurde beides durch die Erkrankung abgeschlossen.

Was ist dein grösstes Learning vom Leben mit MS?
Geniesse jeden Augenblick, den du im Leben alleine oder mit lieben Menschen haben kannst.

Wenn du gegenüber einer Person sitzen würdest, die gerade kürzlich die Diagnose MS erhalten hat: Was würdest du ihr sagen?
Ich würde sie an die Hand nehmen und ihr sagen: Du bist nicht alleine.

Hast du Angst vor Benachteiligung ¬– im Beruf, in Beziehungen, in Freizeitvereinen – wenn du mit deiner Diagnose offen umgehst? Oder hast du sogar schon Benachteiligung erlebt?
Eine Angst ist im Hinterkopf immer leicht präsent. Jedoch ist es mein Leben - und ich möchte es unbedingt leben und geniessen, mit allem was mir Freude bereitet.

An nicht so guten Tagen:  wer oder was gibt dir Mut und Hoffnung?
Kolleginnen und ich selbst. Positive Gedanken und im Hier und Jetzt leben.

Nimmt unsere Gesellschaft deiner Erfahrung nach genügend Rücksicht auf Personen mit MS? Falls nein: Was würdest du dir von nicht Betroffenen wünschen?
 Jein. Es sollte mehr Verständnis gezeigt werden, da viele Symptome von aussen leider nicht sichtbar sind.

Welche 3 Eigenschaften/Dinge sind für das Leben mit MS hilfreich?
Positive Einstellung. Familie und Freunde. Hilfsmittel.

Welche 3 deiner Charakterzüge machen es eher schwierig? 
Das ist sehr schwierig zu beantworten, da ich so wenig wie möglich an den negativen Seiten der Erkrankung herumstudieren möchte.

Hast du manchmal schlaflose Nächte? Was raubt dir den Schlaf? 
Wenn ich in den Teufelskreis der negativen Gedanken gerate (passiert sehr wenig).

Gibt es Momente, in denen du die MS vergessen kannst?
Wenn ich mit Kolleginnen einen schönen Moment geniessen kann.

Beim Flirten oder beim Date: Ist man als MS-Betroffene/r zurückhaltender? Gibt es einen «guten» Moment, die MS-Erkrankung zu outen?
Am besten spielt man von Anfang an mit offenen Karten. So spürt man es sofort, ob das Gegenüber damit umgehen kann oder nicht. 

Was wolltest du schon immer mal machen? Was hat dich davon abgehalten?
Einen Tandem-Fallschirmsprung. Diesen Wunsch werde ich mir diesen Frühling erfüllen, solange es noch geht.

Du darfst als Gastgeber/in eines Galadinners 3 beliebige Menschen einladen. Wer wäre das und warum?
Meine Mutter und meine 2 engsten Freundinnen. Ich möchte mich bei ihnen bedanken.

Du kannst mit einer Zeitmaschine an einen beliebigen Punkt in der Zukunft reisen: Welcher wäre das und warum?
Ins Jahr 3000. Es würde mich Wunder nehmen, ob es die Welt so noch gibt, ob es noch Menschen gibt und wie weit wohl die Technik ist?

Und jetzt das Ganze anders herum: du kannst in die Vergangenheit reisen. Welches Ereignis/Jahr/Tag würdest du wählen? Und warum?
Der Zweite Weltkrieg. Sehen, spüren und verstehen, was die Menschen erlebt und geleistet haben.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft? Gibt es Wünsche, die du an die Schweiz. MS-Gesellschaft hast?
Ich war bis anhin eine stille Mitleserin und fand neue Artikel oder Studien immer sehr spannend. Mein Wunsch: Macht genau so weiter.


Immer gesucht: Neue Gesichter der MS

  •  Du liest und magst unsere Portrait-Serie «Gesichter der MS»? 
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  •  Du willst ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind? 

Dann schreib uns eine Mail mit dem Betreff «Gesichter der MS» an: redaktion@multiplesklerose.ch
und wir schicken dir zum Kennenlernen ganz unverbindlich den jeweils aktuellen Portrait-Fragebogen zu. Du kannst dann in aller Ruhe überlegen, ob du mitmachen möchtest.

Liebe Grüsse, deine Redaktion

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