Gesichter der MS 2021: Sabrina Jaberg

Gesichter der MS

Hallo, ich heisse Sabrina, bin 30 Jahre alt und wohne im Kanton Bern. Ich liebe es zu fotografieren und Momente für die Ewigkeit festzuhalten. Ich bin ein humorvoller, optimistischer Mensch, der versucht in allem das Gute zu sehen.

Was bedeutet MS für dich?
Erkenntnis. Ich habe dadurch so viel mehr schätzen gelernt und bin dankbarer.

Wie lange bestanden bei dir schon die Symptome vor der Diagnose?
Ist nicht ganz klar, da ich schon sehr lange unbekannte Schmerzen und Symptome habe.

Wie und in welchem Alter wurde dir die Diagnose MS vermittelt?
Im November 2020, ich war 29. Nach einem Jahr Untersuchungen. Meine Neurologin hat es mir schonend und verständlich beigebracht, worüber ich sehr froh bin. 

Was war dein erster Gedanke nach der Diagnose MS?
Irgendwie Erleichterung, zu wissen was ich habe, woher die Symptome kommen.

Welche Symptome machen dir am meisten zu schaffen? Wo behindern dich die Symptome im Alltag, wie beeinflusst die MS deine Lebensqualität?
Am meisten zu schaffen macht mir die Fatigue und die kognitiven Einschränkungen. Im Alltag behindert mich die Fatigue überall, denn sie ist immer da. Ich brauche sehr viele Pausen und schaffe nur einen Bruchteil von dem, was ich schaffen möchte.

Hast du deine Diagnose kommuniziert? Wenn nein, warum nicht? Was waren Befürchtungen oder Gründe? Was würdest du anderen Menschen mit einer Neudiagnose heute empfehlen?
Ja, auf jeden Fall. Ich war von Anfang an offen und ehrlich, damit die Leute auch verstehen, warum ich für Dinge etwas länger brauche oder viele Pausen brauche. Allen neu Diagnostizierten würde ich sagen: Lasst euch nicht von der Angst steuern.

Kennst du vielleicht MS-Betroffene, die sich bewusst «nicht outen». Weisst du , warum sie das nicht tun? Wie könnte die MS-Gesellschaft diese Menschen unterstützen? Wie, die Schweizerinnen und Schweizer?
Bis jetzt habe ich noch niemanden kennengelernt, der nicht offen damit umgegangen ist.

Was ist für dich tabu bei deiner MS? Gibt es Dinge, über die du nicht einmal mir deinen engsten Menschen sprechen möchtest? Gibt es umgekehrt Dinge, die dein Umfeld gar nicht wissen möchte?
Für mich gibt es keine Tabus, was die MS angeht.

Wie geht dein privates Umfeld, also Familie, Freunde, Partner, mit deiner Krankheit um? Hast du Kinder? Wie gehen sie damit um? Wie bekommst du/mit deinem Partner Kinder und Beruf unter einen Hut? Wie ist die Situation an deiner Arbeitsstelle?
Unterschiedlich. Jeder geht anders damit um. Es gibt Leute, die haben sich distanziert, die Familie war zunächst natürlich geschockt, aber sie geben mir den nötigen Halt, wenn ich ihn brauche. 

Hat sich aus deiner Sicht in den letzten Jahren etwas verändert in der Gesellschaft oder Politik gegenüber chronisch kranken Menschen? Was ist vielleicht besser oder schwieriger geworden?
Vielleicht etwas, aber man wird immer noch sehr schnell verurteilt, wenn man nicht krank aussieht. Nicht jede Krankheit ist auf Anhieb  sichtbar.

Welches sind die grössten Vorurteile oder Irrtümer, mit denen du als MS-Betroffener konfrontiert wirst? Wie gehst du damit um, was erträgst du am wenigsten gut?
MS verbindet man automatisch mit Rollstuhl, obwohl nicht jeder jemals einen benötigen wird. Ich für meinen Teil  als Betroffene weiss das, aber Leute die unwissend sind, nicht.

Wo siehst du den Beitrag der Schweizerischen MS-Gesellschaft zur Enttabuisierung der MS oder zur Stärkung der Solidarität?
Aufklären und informieren.

Wie entspannst du dich? Welchen Rat hast du für andere MS-Betroffene?
Viele Pausen und Zeit für mich. Die Natur und Fotografieren geben mir Ruhe. Mein Rat wäre: Höre auf deinen Körper, er sagt dir schon, was er braucht.

Was macht dir in Bezug auf deine MS Angst?
Sehr schwierige Frage. Angst in dem Sinn eigentlich nicht, denn ich kann nur das Beste für mich tun was möglich ist, was passiert, das passiert, ich lebe im Jetzt und denke nicht, was morgen alles passieren kann.

Was gibt dir in Bezug auf deine MS Hoffnung?
Dass die Forschung schon so weit ist und das es immer weiter geht.

Welche positiven Gedanken verbindest du mit den Begriffen Forschung und MS?
Dass die Krankheit Aufmerksamkeit bekommt, dass man weiter forscht um die Krankheit zu verstehen und MS irgendwann vielleicht heilen zu können.

Welche Gefahren siehst du für den Bereich Forschung und MS?
Zu viel Hoffnung, da Forschung Zeit braucht und es nur in kleinen Schritten vorwärts geht. Dass man einfach zu schnell zu viel erwartet.

Verfolgst du Informationen zur Entwicklungen in der Forschung? Aus welchen Quellen? An welchen Forschungsthemen bist du besonders interessiert?
Nein nicht direkt, wenn es was Wichtiges gibt, werden wir es auf jeden Fall erfahren.

Welche Frage(n) wolltest du einem MS-Forscher schon immer mal ganz direkt stellen? Raus damit.
Was ist das Schwierigste an der MS Forschung?

Wo in deinem Alltag sollte die MS-Forschung ganz speziell positive Veränderungen ermöglichen?
Dass man die Fatigue besser behandeln könnte.

Hattest du im Zusammenhang mit MS lustige und/oder traurige Erlebnisse?
Die Vergesslichkeit durch die kognitiven Störungen bringt so manch lustigen Moment. Öfter mal auf dem «Schlauch» stehen und nicht durchblicken, was von einem nun verlangt wird, hat nicht nur seine negativen, sondern auch seine lustigen Momente, wenn man alles einfach falsch versteht.

Welchen Satz über MS kannst du nicht mehr hören?
«Sie sind aber noch so jung».

Wenn deine MS ein Tier wäre, welches und warum?
1000 Gesichter, 1000 Tiere. Die MS ist so wandelbar … ich kenne kein Tier, dass das das alles beschreiben würde.

An was hängt dein Herz?
An meinen Liebsten. An meinen Tieren und daran, meine eigene Freiheit zu haben. 

Ein Satz für deine Liebsten?
Danke für einfach alles.

Ein Satz für deine «Feinde»?
Feinde in dem Sinn habe ich nicht. Ich kann nur sagen: Nur weil man so aussieht, wie man aussieht, heisst das noch lange nichts. Man sollte nicht so schnell darüber urteilen.

Dein Lebens-Motto?
Es gibt mehr, als krank zu sein.

Dein Lieblingsbuch? Lieblingsfilm? Lieblingsessen? Gegen den MS-Blues?
Lieblingsautor ist James Patterson. Filme habe ich so viele, die mir gefallen, da kann ich mich nicht entscheiden. Lieblingsessen, das was mich satt macht. Und gegen den MS Blues hilft mir oft Musik. 

Wenn du 3 Wünsche an die gute Fee frei hättest – für dich, die Welt, für wen und was auch immer : Welche wären das?
Kein Leiden auf dieser Welt und meine 2 restlichen Wünsche würde ich 2 Personen geben, die sie  ganz dringend brauchen.

Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft?
Sie war die erste Informationsquelle für mich und auf Social Media verfolge ich regelmässig die Beiträge.

Gesichter der MS 2021: Diese Serie ist anders. Nicht Dritte oder Unbeteiligte reden über MS und Menschen mit MS. Sondern MS-Betroffene selbst sprechen über ihr Leben mit einer unheilbaren Krankheit, ihre Hoffnungen, ihre Ängste. Wie die Krankheit sie fordert, aber auch, wie die MS sie vielleicht stärker gemacht hat. Wie eng gute und schlechte Erfahrungen beieinander liegen.

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