Ich heisse Selina, bin 23 Jahre alt und komme aus dem Liechtenstein. Selbst würde ich mich als neugierige und lebensfrohe Persönlichkeit beschreiben, die das Leben in vollen Zügen geniesst. Besonders wichtig in meinem Leben ist meine Hündin Daisy.
Sie hat Epilepsie, doch gemeinsam meistern wir jede Herausforderung und zeigen, dass man auch unter schwierigen Umständen das Beste aus dem Leben machen kann.
Wann bekamst du die Diagnose MS? Welche Verlaufsform «hast du»? Welche Symptome belasten dich am meisten?
Meine Diagnose habe ich im Januar 2024 erhalten, wobei drei Jahre zuvor eine MS Verdachtsdiagnose im Raum stand, da ich eindeutige Symptome hatte wie taube Finger und Kribbeln im ganzen Körper. Nach zwei MRI und einer Lumbalpunktion konnten sie immer noch nichts Eindeutiges feststellen.
Am schlimmsten ist die unkontrollierte Fatigue, die an manchen Tagen stark spürbar ist und an anderen Tagen gar nicht.
Welche Schlagzeile würdest du 2024 gerne über dich lesen?
«Selina erreicht all ihre Ziele trotz MS»
Wenn du deiner MS ein Tattoo widmest? Welches Motiv? Welcher Text? Wo am Körper?
Vor etwa 4 Jahren habe ich mir ein Tattoo an der Wirbelsäule stechen lassen, als ich noch keinen Schimmer davon hatte, dass ich einmal MS bekommen würde. Jetzt widme ich dieses Tattoo der MS, denn der Schriftzug hat mich die ganze Zeit begleitet und es passt wie die Faust aufs Auge.
Was macht dir Stress und wie drückt sich der Stress bei dir aus? Was tust du dagegen?
Ich habe das Gefühl, dass ich oft selbst mein grösster Stressfaktor bin. Ich setze mich schnell unter Druck und habe hohe Ansprüche an mich selbst. Da ich diese Ansprüche auch auf meine Mitmenschen übertrage, verliere ich schnell die Geduld und stresse mich nur selbst dabei… Frische Luft, Spaziergänge und Meditieren helfen mir dabei, die innere Unruhe zu bewältigen und mich von diesen Gedanken zu befreien.
Ferien am Meer oder in den Bergen? Was findet deine MS besser?
Ferien am Meer, da ich in meiner Freizeit schon gerne in den Bergen und im Wald bin.
Was sollte dein soziales Umfeld gerne öfter tun? Was lassen?
Ich habe wirklich ein super Umfeld und kann mich nicht beklagen. Für mein Umfeld ist es bestimmt nicht immer einfach, das richtige Gleichgewicht zu finden: einerseits nachzufragen, wie es mir geht, und mir gleichzeitig genügend Raum zu lassen.
Kopf oder Herz/Bauchgefühl? Auf was vertraust du im Alltag?
Früher hätte ich bestimmt mit Kopf geantwortet. Seit ich mich aber mehr mit mir und meinem Körper auseinandergesetzt habe, würde ich auf das Herz und Bauchgefühl hören, da mir mein Körper auch eindeutige Signale sendet, wenn etwas nicht in Ordnung ist oder mir was guttut.
Welches Kompliment hat man dir zuletzt gemacht?
Dass ich mich von meiner Diagnose nicht runterziehen lasse und immer noch gleich fröhlich bin wie zuvor.
Was bedeutet Familie für dich?
Familie bedeutet alles für mich, vor allem Liebe. Sie haben mich von Tag eins meiner Diagnose an begleitet und mir Kraft gegeben.
Du und der Schlaf: Freund oder Feind?
Ein sehr guter Freund, der mich 10 bis 12 Stunden am Tag begleitet, zugleich auch ein Feind, da er manchmal die Kontrolle übernimmt.
Wie findest du es, wenn wir über «prominente» MS-Betroffene, wie zum Beispiel Selma Blair oder Christina Applegate berichten? Was wäre deine erste Frage an einen von ihnen? Und an wen?
Ich finde gut, dass auch bekannte Persönlichkeiten darüber sprechen und sich nicht dahinter verstecken. Eine spezielle Frage habe ich nicht.
Würdest du gerne einmal für ein Jahr im Ausland leben? Wo? Was hält dich davon ab?
Ja, würde ich sehr gerne einmal, aber ohne meine Familie kann ich mir das nicht vorstellen.
Was wolltest du als Kind (beruflich) werden? Hat dich die MS gebremst, es zu werden?
Als Kind wollte ich immer Frisörin werden, was ich dann auch gelernt habe. Die Diagnose habe ich erst nach meiner Ausbildung bekommen und den Beruf dann auch gewechselt, da es körperlich nicht mehr tragbar war und es mir zu viel Stress bereitet hat.
Wenn deine MS ein Tier wäre, welches und warum?
Ein Reh. Rehe sind sanfte, aber wachsame Tiere, die ihre Umgebung stets im Blick haben, ähnlich wie Menschen mit MS, die ihren Körper und ihre Grenzen genau beobachten müssen.
Wenn Du morgen zum «Bundesrat für Forschung gegen die MS» ernannt wirst, was sind deine ersten 3 Massnahmen?
Für diese Stelle möchte ich nicht ernannt werden.
Wie stark hat die Diagnose MS deine Einstellung zum Leben verändert? Gibt es bestimmte Dinge, die du vor der Diagnose über das Leben und die Gesundheit geglaubt hast, die sich seitdem verändert haben?
Ich habe gelernt, «Nein» zu sagen und mich an erste Stelle zu stellen. Ich lebe bewusster und sehe nicht mehr alles als selbstverständlich an, vor allem nicht die Gesundheit.
Du darfst für 24 Stunden in die Haut eines anderen Menschen schlüpfen. Wer würdest du sein wollen? Und warum?
Ich habe kein grosses Bedürfnis, in eine andere Haut zu schlüpfen. Ich bin mit meinem eigenen Leben und Erfahrungen beschäftigt, und das reicht mir.
Umgekehrt: Wer sollte mal einen Tag lang dein Leben mit MS führen? Warum?
Eigentlich jeder, der verstehen möchte, wie es ist, mit MS zu leben, um die täglichen Herausforderungen, Unsicherheiten und den Kraftaufwand wirklich nachvollziehen zu können.
Stell dir vor du könntest mit deiner MS sprechen, was würdest du ihr sagen/sie fragen wollen?
Ich würde ihr danken. Dank Ihr weiss ich jetzt, was wirklich im Leben zählt. Da ich noch nicht so lange in Therapie bin, würde ich sie fragen, ob diese Therapie die richtige für mich ist.
Zu welcher Tageszeit erlebst du deine besten Momente? Warum?
Vormittags bin ich am aktivsten, da ich noch all meine Kraft und Energie habe.
Wurdest du schon mal auf Grund der MS nicht ernst genommen? Wie bist du damit umgegangen?
Ich hatte sehr Glück und wurde immer ernst genommen - ob in der Freizeit oder im Job habe ich bis jetzt keine schlechten Erfahrungen gesammelt.
Wenn du ein Vorurteil gegen MS aus den Köpfen der Menschheit löschen könntest, welches wäre das?
Dass man mit MS immer im Rollstuhl landet und nur Menschen mit sichtbarer Einschränkung davon betroffen sind.
Hast du Kontakt zu anderen MS Betroffenen? Hilft dir der Austausch mit anderen MS Betroffenen?
Ich habe regelmässigen Kontakt mit MS-Betroffenen auf Instagram. Es ist schön zu wissen, dass man nicht alleine ist und sich gegenseitig Tipps geben kann.
Was unterscheidet dich von anderen MS-Betroffenen?
Was mich von anderen Menschen mit MS unterscheidet? Vieles und zugleich nichts. Wir alle teilen die gleiche Krankheit, doch die Symptome und wie wir damit umgehen, sind von Person zu Person unterschiedlich. MS ist so individuell wie jeder Mensch selbst.
Wenn du einen Tag ohne MS-Symptome erleben könntest, wie würdest du diesen Tag gestalten?
Eigentlich so wie jeden freien Tag, einfach ohne Rücksicht auf Pausen und mit mehr Energie und Aufmerksamkeit.
Welche Beziehung hast du zur Schweiz. MS-Gesellschaft? Nimmst du Beratung, Angebote oder Dienstleistungen in Anspruch?
Ich lese gerne das Magazin «Forte» und verfolge die Aktivitäten auf Instagram.
Immer gesucht: Neue Gesichter der MS
- Du liest und magst unsere Portrait-Serie «Gesichter der MS»?
- Du und deine MS, ihr habt eure ganz eigene Geschichte?
- Du möchtest sie erzählen, um anderen Mut zu machen? Und
- Du willst ihnen zeigen, dass sie nicht alleine sind?
Dann schreib uns eine Mail mit dem Betreff «Gesichter der MS» an: redaktion@multiplesklerose.ch
und wir schicken dir zum Kennenlernen ganz unverbindlich den jeweils aktuellen Portrait-Fragebogen zu. Du kannst dann in aller Ruhe überlegen, ob du mitmachen möchtest.
Liebe Grüsse, deine Redaktion
P.S. Du magst/kannst nicht mitmachen, kennst aber jemanden, der gerne dabei wäre? Dann erzähl’ es einfach weiter…