Aktivierung des Komplementsystems und MS – neue Daten

Fachartikel

Eine neue Schweizer Studie zeigt, dass die übermassige Aktivierung des Komplementsystems (ein Teil der angeborenen Immunantwort) bei MS-Betroffenen mit vermehrten strukturellen Schädigungen des Gehirns einhergeht – dies könnte den Weg für neue Therapieoptionen öffnen.

Hintergrund

Frühere Studien konnten bereits zeigen, dass im Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) nachweisbare Zeichen der erhöhten Aktivierung des Komplementsystems bei MS-Betroffenen mit vermehrter Krankheitsaktivität einhergeht.

Aktuelle Studie

Diese Studie wurde im Rahmen der Schweizer MS Kohorte (SMSC) durchgeführt, die mit Mitteln der Schweiz. MS-Gesellschaft unterstützt wird. Im Nervenwasser von 127 Personen mit MS und 112 Personen mit klinisch isoliertem Syndrom (CIS, also einer Erstmanifestation der Erkrankung) wurden 12 Marker einer Aktivierung des Komplementsystems gemessen.

Dann wurde geprüft, ob diese besonders bei Betroffenen mit im MRI darstellbaren MS-Veränderungen des Gehirns erhöht sind. Insbesondere wurden Hirnvolumen, das Volumen der MS-Läsionen, die Anzahl von Kontrastmittel-aufnehmenden Läsionen sowie andere wichtige flüssige Biomarker analysiert.

Ergebnisse

Marker der Aktivierung des Komplementsystems zeigten sich besonders erhöht bei MS-Betroffenen mit schnell voranschreitender Abnahme des Hirnvolumens (Hirnatrophie) und mit einem hohen Gesamtvolumen der MS-Läsionen. Beispielsweise ging eine Verdopplung des Markers C4a mit einer 0,24%igen Erhöhung der Hirnatrophie-Rate pro Jahr einher.

Auch Kontrastmittel-aufnehmende Läsionen waren vermehrt vorhanden, wenn eine Aktivierung des Komplementsystems festzustellen war, und ausserdem zeigten sich Zusammenhänge mit GFAP (einem Biomarker im Blut und Nervenwasser, der Krankheitsprogression anzeigt) sowie Zusammenhänge mit für den Krankheitsmechanismus wichtigen Botenstoffen (Zytokinen) im Nervenwasser.

Fazit

Die übermässige Aktivierung des Komplementsystems bei MS-Betroffenen steht sowohl mit klinischer Krankheitsaktivität, aber auch mit radiologischer Verschlechterung und anderen relevanten Biomarkern im Nervenwasser im Zusammenhang.

Diese Erkenntnis könnte zum Zeitpunkt der Diagnose helfen, die individuelle Prognose besser einzuschätzen und die Therapie besser anzupassen. Mittelfristig könnten auch neue Therapieoptionen entstehen, mit dem Ziel diese übermässige Aktivierung zu hemmen oder deren Wirkung positiv zu beeinflussen.

 

Link zur Studie

Aberrant Complement Activation Is Associated With Structural Brain Damage in Multiple Sclerosis

Neurology. Neurology & Neuroinflammation. 2025 Mar;12(2)