Starkes Übergewicht und MS: Neue Belege für einen Zusammenhang gefunden

Fachartikel

Neue genetische Forschungsarbeiten sprechen für einen Zusammenhang zwischen Adipositas und dem Risiko, an MS zu erkranken.

Der Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht und einem schlechten allgemeinen Gesundheitszustand ist gut belegt. Auch für MS wird angenommen, dass starkes Übergewicht das Erkrankungsrisiko erhöht, jedoch gab es bisher nur schwache Belege für diese Vermutung. Neuere Forschungsarbeiten, in denen einerseits genetische Untersuchungen durchgeführt und andererseits der Body-Mass-Index (BMI) als Mass für Übergewicht herangezogen wurden, stärken jetzt diese Annahme.

 

Der BMI ist ein Wert, der einfach aus Körpergrösse und Gewicht berechnet wird. Mit dem BMI wird ermittelt, ob jemand ein gesundes Körpergewicht hat, untergewichtig, übergewichtig oder adipös, also sehr stark übergewichtig, ist.

In der neuen Studie betrachteten Wissenschaftler bestimmte Unterschiede in der DNA, die man als Einzelnukleotid-Polymorphismen oder SNP (für die englische Bezeichnung Single Nucleotid Polymorphismen) bezeichnet, die mit einem erhöhten BMI verbunden sind. Anschliessend untersuchten sie, wie oft diese mit dem erhöhten BMI verbundenen SNPs bei Personen mit MS vorlagen und verglichen diese Daten mit denen von Menschen ohne MS.

Höherer BMI mit höherem MS-Risiko verbunden

Die Studie ergab, dass Menschen, deren BMI in die Kategorie «Adipositas», also starkes Übergewicht (≥30 kg/m2) fällt, mit um 41% höherer Wahrscheinlichkeit MS bekommen als Menschen, deren BMI in die Kategorie des «einfachen» Übergewichts (≥25 kg/m2) fällt.

Warum ein hoher BMI die Wahrscheinlichkeit einer MS-Erkrankung erhöhen könnte, ist nicht bekannt und wurde in der hier beschriebenen Studie auch nicht untersucht. Es gibt Theorien dazu, dass sich die Adipositas auf das Immunsystem, die Hormone oder den Vitamin-D-Spiegel auswirkt.  Ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel zum Beispiel, ist für sich genommen bereits ein Risikofaktor für MS.

Bedeutsam ist diese neue Untersuchung, weil die Ergebnisse früherer Studien möglicherweise vom Lebensstil der Untersuchten beeinflusst waren. Lebensstilfaktoren wie Ernährung und Sport, die sich auch auf den BMI auswirken können, haben möglicherweise eigene Effekte auf die MS-Erkrankungswahrscheinlichkeit. Andererseits werden erblich bedingte genetische Unterschiede, die den BMI beeinflussen, nicht vom Lebenswandel beeinflusst. Indem sie auch die DNA-Unterschiede untersuchten, die mit dem BMI in Zusammenhang stehen, verringerten die Wissenschaftler den Einfluss des Lebensstils auf die Ergebnisse. So konnten sie einen direkteren Zusammenhang zwischen BMI und MS als frühere Arbeiten aufzeigen.

Eine Einschränkung der Studie ist, dass andere genetische Unterschiede, die sich auf BMI und MS auswirken, nicht komplett ausgeschlossen werden konnten, da viele dieser Unterschiede nicht bekannt sind.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse stützen die Theorie, dass starkes Übergewicht das Risiko erhöht, an MS zu erkranken. Aktuell gibt es kaum Belege dafür, dass eine Gewichtsabnahme bei Menschen, die bereits erkrankt sind, den Verlauf der MS beeinflussen würde. Das Körpergewicht im Bereich eines gesunden BMI zu halten, wirkt sich jedoch günstig auf den allgemeinen Gesundheitszustand aus und senkt das Risiko für weitere Erkrankungen und Komplikationen.

Auch wenn es viele weitere Faktoren gibt, die sich auf das MS-Erkrankungsrisiko auswirken, ist Übergewicht ein Faktor, den man beeinflussen kann. Die beschriebene Arbeit hebt hervor, wie wichtig es ist, den BMI im gesunden Bereich zu halten - und damit auch, Betroffenen die nötige Hilfe dabei anzubieten.

Dr. Lutz Achtnichts

Literatur

Mokry LE, Ross S, Timpson NJ, Sawcer S, Davey Smith G, Richards JB (2016). Obesity and Multiple Sclerosis: A Mendelian Randomization Study. PLoS Med 13(6): e1002053. doi:10.1371/journal.pmed.1002053.