
Die Magnetresonanzuntersuchung – kurz MRI genannt – ist aus dem Gebiet der Multiplen Sklerose im Kindes- und Jugendalter nicht mehr wegzudenken. Ein MRI ist ein bildgebendes Verfahren, welches mittels starkem Magnetfeld Schichtbilder des Körpers erzeugen kann. Das ermöglicht eine klare und genaue Darstellung von Organen, wie beispielsweise des Gehirns oder Rückenmarks. Das MRI ist damit der entscheidende Baustein in der Diagnostik, ausschlaggebend in der Beurteilung des Therapiewirkung und eines der wichtigsten Messinstrumente in der MS Forschung bei Kindern und Jugendlichen.
Diagnostik
Um mögliche andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen ausschliessen und die Diagnose Multiple Sklerose stellen zu können, wird die Magnetresonanzuntersuchung des Schädels und der Wirbelsäule eingesetzt. Während bei Jugendlichen die MS typischen Veränderungen im Gehirn mit denen im Erwachsenenalter vergleichbar sind, muss beim jungen Kind die Reifung der weissen Substanz, die sogenannte Myelinisierung, in der Beurteilung mitberücksichtigt werden. Weiter muss sichergestellt werden, dass nicht eine andere entzündliche Hirnerkrankung, eine Infektion oder eine Stoffwechselerkrankung, für die Symptome verantwortlich ist. Für die Beurteilung der MRI-Bilder braucht es zwingend Neuroradiologen, die über eine ausreichende Erfahrung in pädiatrischer (pädiatrisch = Kinderheilkunde) Neuroradiologie verfügen. Zur Beurteilung der initialen Läsionslast – dies sind die sichtbaren Verletzungen im Gehirn - wird ergänzend auch ein MRI der Wirbelsäule gemacht. Analog zu den Erwachsenen werden auch bei Kindern und Jugendlichen mit MS die 2017 McDonald Kriterien zur Evaluation der zeitlichen und räumlichen Streuung angewendet. Die McDonald Kriterien sind ein standardisiertes Verfahren zur Diagnosestellung einer MS.
Beurteilung der Krankheitsaktivität und des Therapieansprechens
Alle sechs bis zwölf Monate werden regelmässige MRI Kontrollen durchgeführt. Sie geben Einblick in die Krankheitsaktivität bzw. die Wirksamkeit der installierten Langzeittherapie. In der Regel reicht das Schädel MRI für die Überwachung und Kontrolle der Therapie aus. Ein Wirbelsäulen MRI wird nur dann regelmässig durchgeführt, wenn Entzündungsprozesse im Rückenmark vorhanden sind oder hohe entzündliche Schädigungen, die sogenannte Läsionslast, bereits zu Beginn insbesondere im Bereich der Wirbelsäule auftreten. Die erste Phase für die Einstellung der Dosierung der Medikamente dauert je nach Medikament drei bis sechs Monate. Treten nach dieser initialen Eindosierungsphase weiterhin neue Läsionen auf, ist die Krankheitskontrolle durch das gewählte MS Therapeutikum unzureichend. In einem solchen Fall werden die Änderung der Therapie bzw. die Therapieeskalation individuell mit den Betroffenen besprochen. Dabei werden das Alter, die bisherigen Schübe und die individuelle Erholung davon berücksichtigt. Weiter werden die aktuelle MS Therapie und die eingesetzten Medikamente, die gesamte Läsionslast und der Nachweis von entzündlichen Aktivitäten im Sinne von kontrastmittelaufnehmenden Läsionen beurteilt.
Forschung
Mit Hilfe von modernen Techniken erlaubt das MRI Aussagen zur strukturellen Pathologie (das ist die Lehre von krankhaften Vorgängen oder Zuständen im Körper und deren Ursachen). Prozesse, die sich im Hintergrund abspielen, werden damit sichtbar gemacht. Konkret bedeutet dies erstens einen Einblick in MS-bedingte Veränderungen der weissen Substanz auch an läsionsfreien Stellen. Dies geschieht unter Verwendung der sogenannt fraktionalen Anisotropie. Zweitens sind Hirnvolumenveränderungen über die Zeit und das Ausmass der Hirnatrophie (allmählicher Verlust von Hirnsubstanz) mittels quantitativer Analyseverfahren (Volumetrie) erkennbar und drittens die Aktivierung neuronaler Netzwerke bei standardisierten Aufgaben durch das funktionelle MRI (fMRI). Das Ziel dieser Untersuchungen ist es, die Therapie der MS im Kindes- und Jugendalter weiter zu optimieren und zu verstehen, welche Therapie für die individuellen, von MS betroffenen Kinder und Jugendlichen, die beste ist. In der Fachsprache wird dabei vom sogenannten «individually tailored treatment approach» gesprochen. Die Forschung ist Grundlage und Voraussetzung, damit individuelle klinische Erfahrungen zusammengefasst und systematisch-strukturiert analysiert werden können. Erst dadurch entstehen Erkenntnisse, die sich zuverlässig auf eine grössere Patientengruppe übertragen lassen.