Schwierige Gefühle
Schwierige Gefühle
Schwierige Gefühle
Nicht jedes Stimmungstief kann man mit einer Depression gleichsetzen, trotzdem müssen Sie solche Schwankungen ernst nehmen, wenn sie über längere Zeit andauern.

Störungen der Befindlichkeit, der Stimmungslage und des Gefühlshaushaltes werden allgemein als affektive Störungen bezeichnet. Sie haben Auswirkungen auf das Selbsterleben, aber auch auf das Handeln und die zwischenmenschlichen Beziehungen. Diese Beeinträchtigungen können entweder für eine kurze Zeit vorhanden sein oder lange anhalten, dabei leicht oder schwerer ausgeprägt sein.

Woher kommen die affektiven Störungen?

Stimmungsänderungen im Sinne einer gedrückten Stimmungslage sind bei MS-Betroffenen häufig, da die Diagnose eher jüngere Menschen völlig unvorbereitet in einer Lebensphase trifft, in der die berufliche Etablierung, die Partnerbindung oder auch die Familiengründung im Vordergrund stehen. Insofern können affektive Störungen auch eine «normale» Reaktion auf die MS sein: Betroffene leiden häufig unter Zukunftsängsten oder trauern um verlorene Fähigkeiten. Diese Reaktionen können im Einzelfall das Ausmass einer behandlungsbedürftigen psychischen Störung annehmen.

Neben äusseren Faktoren können Entzündungsherde im Gehirn, welche indirekt den Hirnstoffwechsel beeinflussen, affektive Störungen verstärken oder gar auslösen. Soweit wir wissen, sind diese psychischen Störungen Folge und Begleiterscheinung der MS-Erkrankung, nicht aber deren Ursache. Menschen, die schon vor der Erkrankung an einer psychischen Störung gelitten haben, weisen auch unter MS ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer psychischen Störung auf.

Fast 50% irgendwann von Depression betroffen

Nicht jedes Stimmungstief kann man mit einer Depression gleichsetzen. Insgesamt jedoch lässt sich festhalten, dass die Lebenszeitprävalenz einer Depression (d.h. die Wahrscheinlichkeit, jemals im Laufe des Lebens an einer Depression zu erkranken) bei MS-Betroffenen im Gegensatz zu gesunden Menschen deutlich erhöht ist. Sie beträgt rund 50%, das heisst, dass nahezu jeder zweite MS-Betroffene im Laufe seines Lebens eine – häufig behandlungsbedürftige – depressive Phase durchlebt. Zur Zeit der Diagnosestellung können insbesondere die genannten Gründe (Unvermitteltheit der Diagnosestellung, «Diagnose-Schock», Verlust des Selbstbildes etc.) die Ursache für eine Depression sein – wobei hier eher der Ausdruck einer depressiven Reaktion auf eine leidvolle Erfahrung angebracht ist. Im Laufe der Jahre können aber auch die MS-typischen Hirnveränderungen selbst zu depressiven Störungen führen. Dies hängt damit zusammen, dass die Hirnveränderungen an solchen Nervenbahnen auftreten können, über die auch die für die Stimmungsregulation notwendigen Hirn-Botenstoffe an ihre Zielorte gelangen. Die hierdurch verursachte Fehlsteuerung kann auch ein bestehendes Stimmungstief zusätzlich negativ beeinflussen und zu einer Depression führen.

Was ist eine Depression?

Eine Depression ist gekennzeichnet durch genau definierte Symptome, die je nach Schweregrad in unterschiedlicher Ausprägung für eine längere Zeitdauer so deutlich in Erscheinung treten, dass die gesamte Erlebnis- und Genussfähigkeit, die Leistungsfähigkeit, das Denken und die zwischenmenschliche Beziehungsfähigkeit eines Menschen deutlich beeinträchtig werden. Lustlosigkeit, Müdigkeit, Appetitverlust, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, sexuelle Interesselosigkeit Gewichtsabnahme oder -zunahme sind typische Zeichen einer Depression. Es gibt unterschiedliche Formen und Schweregrade der Depression. Dies kann so weit reichen, dass sich die Betroffenen äusserst niedergeschlagen fühlen und sowohl die aktuelle Situation als auch die Zukunftsperspektiven als negativ empfinden. Eine Erschöpfung und die damit verbundene Energielosigkeit können sowohl Zeichen einer Fatigue als auch Symptom einer Depression sein. Da Betroffene diesen Zustand ohne professionelle Hilfe nicht überwinden können, ist es wichtig, diese Zeichen rechtzeitig zu erkennen, um eine fachliche Untersuchung und Beurteilung vornehmen zu lassen sowie nötigenfalls eine Behandlung einzuleiten. Für die Angehörigen ist es wichtig zu wissen, dass eine Depression nicht durch Trösten, gutgemeintes Zureden, Überzeugen oder gar unter Druck setzen gebessert werden kann. Häufig ist eine Psychotherapie, zumeist in Verbindung mit einer medikamentösen Behandlung, sinnvoll.

Wie wird sie behandelt?

Eine fachgerechte Behandlung der affektiven Störungen ist wichtig. Dazu gehören gründliche Information, psychologische Beratung oder Psychotherapie und verschiedene Selbsthilfeaktivitäten (Selbsthilfegruppen, Internetforen etc.). Bewährt hat sich bei schwereren, andauernden Problemen die Kombination von Psychotherapie und Medikamenten (z.B. Antidepressiva).

Als Angehöriger kann man direkt oder indirekt von diesen Beeinträchtigungen betroffen oder gar selbst im Zusammenhang mit Schwierigkeiten, die sich im gemeinsamen Alltag ergeben, ein Stimmungstief erleben. Paar- oder Familiengespräche sind hier hilfreich.

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